Chapeau, Uwe Rösler
Die besondere Leistung des 12. & 13. Spieltags
Wenn seine Spieler in aller Frühe noch in Morpheus‘ Armen liegen, ist Uwe Rösler bereits unterwegs. Dann ist der Fußball-Lehrer in Diensten von Fortuna Düsseldorf mit verlässlicher Selbstbeherrschung Dienstleister an sich selbst. Wenn der Tag sich noch nicht entschieden hat, was er den Menschen wohl bescheren wird, ist Uwe Rösler als Läufer aktiv. Und dies bereits mit höchstem Pulsschlag.
Darauf ist sein Körper komplett konditioniert. Nichts ist beschwerlich. Nichts ist mehr zu überwinden. Denn Rösler macht das jeden Morgen so. Seit bald 20 Jahren schon.
Uwe Rösler macht das, weil er seinen wichtigsten Kampf jeden Tag gewinnen möchte. Wer dauerhaft erfolgreich gegen die Rückkehr einer Krebserkrankung ankämpfen will, braucht zuerst unendlich viel Willensstärke. Denn er braucht ein Immunsystem, das kraftvoll und stark genug ist, um dauerhaft gesund zu bleiben. Mit morgendlichen Läufen ist das zu schaffen.
Seine Haarpracht hat er verloren, sein Leben indes nicht
Mit 65 Treffern in 177 Spielen hat sich Uwe Rösler einen Stammplatz in der Hall of Fame von Manchester City sichern können. Am Ende seiner Karriere als Fußballprofi ist er dann noch im norwegischen Lilleström auf Torejagd gegangen.
Dort hatte er eine neue Familie gegründet. Doch nun begann hier dieser Kampf ums Überleben. Rösler klagte über Stiche in der Brust. Zwei Tage später dann die Diagnose: Lymphdrüsenkrebs. Mehr als ein halbes Jahr lang quälte sich Rösler durch zehrende Chemos und nicht minder erschöpfende Reha-Maßnahmen.
Bisher mit großem Erfolg. Seit 17 Jahren ist Uwe Rösler Trainer im Profifußball und längst wieder ein niemals ermüdender Kämpfer. Seine Haarpracht hat er verloren, sein Leben indes nicht.
Wer dahinter kommen will, was diesen Uwe Rösler in dieser sportlich so schwierigen Zeit bei Fortuna Düsseldorf mit so viel Standfestigkeit und Belastbarkeit hat auftreten lassen, der kommt an dessen Genesung an dieser Stelle nicht vorbei. Denn Uwe Rösler ist genau zu diesem Uwe Rösler, der er heute ist, geworden, weil er Vieles aus diesem Kampf in sein tägliches Tun und Handeln als Trainer transportiert.
Als Allofs kam, schien Haltbarkeit der Amtszeit abgelaufen
Als Klaus Allofs Ende September bei Fortuna als Sportchef einstieg, ruckelte es an allen Ecken und Enden im Fortuna-Team. Die Haltbarkeit der Amtszeit als Trainer in Düsseldorf schien für Uwe Rösler abzulaufen. Doch Allofs zeigte sich voller Geduld und sollte Recht behalten. Sein Warten auf den ersten Dreier, immerhin gegen den 1.FC Heidenheim, vier Wochen später und auf den jetzigen Dezember hat sich gelohnt.
Kopf an Kopf mit Holstein Kiel hat Uwe Rösler mit seiner Mannschaft die Dezember-Meisterschaft – sofern sie existieren würde – in der 2. Bundesliga gewonnen. Mit vier Siegen hintereinander: Soeben 3:0 am Millerntor, zuvor 3:0 gegen VfL Osnabrück, davor 2:1 beim KSC und 3:2 gegen Darmstadt 98.
Und damit hat Uwe Rösler sein Team rechtzeitig zum Ende des Fußball-Jahres 2020 und nach einem Jahr oftmals glückloser gemeinsamer Arbeit nun endlich in das Kräftemessen der Aufstiegsränge befördern können. Also tatsächlich doch noch dorthin platziert, wo sie alle gemeinsam in aller Öffentlichkeit per Unterschrift versprochen haben, sich erfolgreich bewähren zu wollen. Das passierte direkt nach dem Einstieg von Klaus Allofs.
Der ehemalige Fußballprofi Marcel Eger war vor einigen Jahren beim FC Brentford unter der Regie von Uwe Rösler aktiv. Eger hat Rösler als einen Trainer erlebt, der gegenüber seinen Spielern keine Kompromisse zugelassen hat, wenn es um den Erhalt von Disziplin gegangen ist. Eger überlegt gar kurz, ob der Begriff Gehorsam nicht gar treffender wäre.
„Infolgedessen bedeutete das für uns als Spieler, dass Rösler rigoros eingegriffen hat, wenn jemand seine Aufgabe nicht nach seinem Geschmack erfüllt hat und es irgendwo schieflief. Dann hat Uwe gebrüllt wie ein Löwe“, berichtet Marcel Eger.
Zuvor war Eger ein Jahrzehnt lang beim FC St. Pauli in allen drei Profi-Ligen als Abwehrspezialist aktiv und hatte es dort zumeist mit Holger Stanislawski zu tun. Der war das komplette Gegenteil. „Stani“ und seine Spieler waren stets ziemlich beste Freunde. Ebenfalls aus Überzeugung.
Marcel Eger ist beim Studium der aktuellen Fortuna-Spiele aufgefallen, dass Rösler verbale Kraftausbrüche aktuell nicht in sein Coaching einbringt. Und er hat eine Vermutung, warum Rösler nunmehr sanftere Töne einsetzt: „Da jetzt Radau, Gegröle und Getöse von den Rängen ausbleiben, muss und will Uwe Rösler offenbar nicht mehr so furchtbar brüllen, wie ich es in England erlebt habe. Ich finde, das steht ihm gut zu Gesicht und das gefällt auch den Spielern.“
Eine entsprechende Nachfrage bei Rouwen Hennings, seinem früheren Pauli-Kollegen, soll alsbald Klarheit bringen. So oder so macht Röslers Mannschaft die Resultate einer besonderen Synergie nun endlich auch auf dem Spielfeld sichtbar
So fällt Marcel Eger des Weiteren wohltuend auf, dass Rösler in den vergangenen elf Monaten seines Wirkens für Fortuna Düsseldorf niemals seinen Optimismus verloren hat. Dass er im Juli dieses Jahres in der Stunde des Abstiegs aus dem Fußball-Oberhaus zwar in aller Öffentlichkeit einige Tränen zuließ, doch danach niemals den Eindruck aussendete, jetzt nicht mehr weiter zu wissen.
„Uwe Rösler ist es gut gelungen, seinen Spielern zu vermitteln, dass in jeder Niederlage auch eine neue Chance steckt. Und immer gibt er sofort weiter, was aus seiner Sicht unverzichtbar ist. Das sind bei ihm immer Disziplin, Professionalität und Fleiß“, berichtet nochmals Marcel Eger aus seinem eigenen Erleben.
Ein verbindliches Lächeln gegen unangenehme Fragen
Auch gefällt es ihm, dass Uwe Rösler in schwierigen Zeiten die Energie aufbringen konnte, sich den Fragen der TV-Reporter stets mit einem verbindlichen Lächeln zu stellen. „So schafft er es jedes Mal“, sagt Eger, „sogar besonders unangenehme Themen in eine freundliche Atmosphäre zu transportieren, in der er niemals angreifbar ist.“ Und so konnte ein Stückweit vor allem auch in diesen Momenten bei Fortuna Düsseldorf jener Siegeswille entstehen, der nun verlässlich den erwünschten sportlichen Erfolg bringt.
Dank eines unermüdlichen morgendlichen Dauerläufers an den Ufern des Rheins. Denn nun steht fest: Dieses Ritual hat auch 2021 Bestand. Genauso wie das Trainer-Handwerk des Uwe Rösler mit all seiner Energie und Akribie