Sam Schreck von Arminia Bielefeld im Interview: „Das ist für einen Aufsteiger nicht einfach“
Sam Schreck galt als eines der größten Talente im deutschen Fußball. Mit LIGA-ZWEI.DE spricht er über seinen Werdegang.
(Imago)
Sam Schreck galt als eines der größten Talente im deutschen Fußball und wechselte mit 17 Jahren zu Bayer Leverkusen, musste danach aber auch einige Rückschläge einstecken. Mittlerweile fand er bei Arminia Bielefeld sein sportliches Glück. Im Interview mit LIGA-ZWEI.de spricht der 26-Jährige über seinen Werdegang, den Saisonstart von Bielefeld, das bevorstehende Ligaspiel gegen Paderborn und das DFB-Pokalspiel gegen Union Berlin.
Herr Schreck, fühlt sich eine Länderspielpause beschwerlicher an, wenn man zuvor drei Niederlagen in Serie kassiert hat?
Ja, definitiv. Besonders das letzte Spiel gegen Schalke (1:2, Anm.d.Red.) lief sehr bitter für uns. Ab der 30. Minute waren wir klar überlegen und hätten das Spiel auch gewinnen können mit den Chancen, die wir hatten. Dann gehst du in eine Länderspielpause, kannst es am Wochenende nicht direkt wieder gutmachen, und es fühlt sich auf jeden Fall doppelt so lang an. Schön ist das nicht.
Die Arminia ist als Aufsteiger stark in die Saison gestartet. Sie gewannen die ersten beiden Spiele gegen Fortuna Düsseldorf und Holstein Kiel, außerdem im DFB-Pokal gegen Werder Bremen. Warum ergab sich danach ein kleiner Bruch?
Wir wissen natürlich, dass wir als Aufsteiger erstmal in der zweiten Liga ankommen müssen. Du musst in jedem Spiel sehr hart für die Punkte arbeiten, es gibt viele 50:50-Spiele. Wir wollen uns in der Liga etablieren, das ist für einen Aufsteiger nicht einfach. Ich glaube aber, dass uns das bisher ganz gut gelungen ist. So wollen wir die Saison auch weiter angehen – alles andere wird man sehen.
Bielefeld steht für einen intensiven und ballorientierten Fußball. Ist es teilweise schwierig, dies von der 3. Liga in die 2. Bundesliga zu übertragen?
Es gibt natürlich auch andere Mannschaften in der zweiten Liga, die dominant spielen wollen. Trotzdem versuchen wir immer unseren Stiefel durchzudrücken, das Spiel in die Hand zu nehmen und mit unserer intensiven Art gegen den Ball so zu spielen, wie wir es wollen. Aber man sieht natürlich, dass die Qualität jetzt eine andere ist. Besonders im letzten Drittel merkt man, dass die Spieler aus wenig viel machen oder einen Kontakt weniger brauchen.
Was für ein Spiel erwarten Sie am Samstag gegen den SC Paderborn?
Paderborn ist eine spielerisch starke Mannschaft, gleichzeitig defensiv sehr stabil – sie haben mit Schalke zusammen die wenigsten Gegentore der Liga. Es wird ein hartes Spiel, aber wenn wir unsere Qualitäten auf den Platz bringen, können wir auf jeden Fall punkten.
Im DFB-Pokal treffen Sie Ende Oktober auf den Bundesligisten Union Berlin. Wie viel Mut macht es, in der vergangenen Saison bereits im Pokal gegen Union gewonnen zu haben – und gegen viele weitere Bundesligisten auch?
Das hilft uns definitiv. Letztes Jahr war für uns alle eine unfassbar geile Saison, und der DFB-Pokal war noch mal das i-Tüpfelchen. Jedes Spiel war ein Highlight. Deswegen fahren wir jetzt auch selbstbewusst nach Berlin und wollen eine Runde weiterkommen. Aber uns ist bewusst, dass wir wieder auf einen Erstligisten treffen und für uns alles passen muss, um eine Chance gegen sie zu haben.
Der Unterschied ist allerdings: Diesmal spielen Sie auswärts…
Bis zum Finale waren alle Pokalspiele bei uns zuhause und die Kulisse hat uns beflügelt. Jetzt wollen wir zeigen, dass es auch auswärts gehen kann. Wir wssen, dass es ein hartes Stück Arbeit wird – und trotzdem wollen wir weiterkommen.
Sprechen wir über Ihren Werdegang: Sie galten bereits in jungen Jahren als Ausnahmetalent und wurden von vielen Vereinen umworben. Mit 17 Jahren wechselten Sie vom FC St. Pauli zu Bayer Leverkusen. Warum haben Sie sich damals für diesen Wechsel entschieden?
Damals waren viele große Vereine im Spiel, aber das Konzept und der Plan von Leverkusen haben mich am meisten überzeugt. Ich konnte mich damit am besten identifizieren und hatte das Gefühl, das kann richtig gut werden. Leider ist es nicht so aufgegangen, wie ich es mir gewünscht habe, aber so ist es im Fußball manchmal.
Die Verantwortlichen des FC St. Pauli waren von Ihrem Weggang damals enttäuscht…
Es fiel mir auch nicht leicht, von St. Pauli wegzugehen. Ich hatte dort eine sehr schöne Jugend verbracht und durfte mit 15 oder 16 schon bei den Profis mittrainieren. Das war ein Highlight. Dann stand die Entscheidung an: Bleibe ich bei Pauli oder mache ich den nächsten Schritt? Ich habe mich dafür entschieden und bereue das nicht. Ich bin St. Pauli sehr dankbar, es war eine schöne, prägende Zeit.
Bei Bayer Leverkusen waren damals Spieler wie Kai Havertz, Julian Brandt oder Jonathan Tah aktiv. Wie schwierig ist es für einen jungen Spieler, direkt an dieses Niveau anzuknüpfen?
Das Niveau war sehr hoch, aber man gewöhnt sich schnell daran. Man weiß ja selbst, dass man Qualität mitbringt. Ich habe relativ schnell reingefunden, aber natürlich gemerkt, was da für eine unfassbare Qualität herrscht.
Dennoch ist es schwierig, als junger Spieler eine Chance zu bekommen, oder?
Definitiv. Du musst auf deine Chance warten und lauern. Letztlich habe ich zwei Spiele in der Europa League gemacht. Trotzdem: du hast da 25 Nationalspieler, alle mit unfassbarer Qualität. Sich dort durchzusetzen, ist nicht leicht.
Im Alter von 20 Jahren erfolgte der Schritt zum niederländischen Erstligisten FC Groningen. Wie hat sich der Umzug ins Ausland für Sie damals angefühlt?
Die Überlegung war, mehr Spielpraxis zu bekommen. Ich dachte, die spielerisch starke Liga liegt mir gut. Anfangs lief es auch prima, aber dann hatte ich keine regelmäßigen Spielzeiten mehr.
Sie standen gegen Vereine wie Ajax Amsterdam und PSV Eindhoven auf dem Platz. War das für Ihre Entwicklung als Fußballspieler ein sinnvoller Schritt?
Natürlich ist es cool, gegen solche Top-Gegner zu spielen. Trotzdem ist es wichtiger, regelmäßig zu spielen und sich so weiterzuentwickeln. Spiele gegen Topklubs sind besonders, aber Konstanz ist entscheidender.
Sie absolvieren jetzt Ihre dritte Saison in Bielefeld, feierten den Aufstieg in die 2. Bundesliga und standen vergangene Saison im DFB-Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart in der Startelf. Fühlt sich dies als Ihre schönste Station an?
Vom Gefühl her fühlt man sich hier auf jeden Fall am meisten angekommen. Nach einem schwierigen ersten Jahr hatten wir letzte Saison eine absolute Highlight-Saison – etwas ganz Besonderes für alle hier, auch für mich. Ich fühle mich hier mit meiner Frau sehr wohl, im Januar werde ich Vater. Es fühlt sich einfach sehr schön an.