Chapeau, Janni Serra
Die besondere Leistung des 14. Spieltags
Liga-Zwei.de ist auf Spurensuche gegangen und erreicht Jan Siewert auf der britischen Fußball-Insel. Dort hat er Huddersfield Town in der Championship gecoacht. Obwohl ihn dort vor drei Monaten das Aus ereilt hat, mag er nicht loslassen vom so speziellen Fußballspiel dort und hält die Stellung weiterhin. Doch unsere Erkundungen führen uns zurück zu Borussia Dortmund, zu Hannes Wolf und vor allem zu Janni Serra.
Bis zu seinem 16. Lebensjahr glaubten die zuständigen Ausbilder bei Borussia Dortmund noch fest daran, Serra als Innenverteidiger des modernen Zuschnitts auf die Bundesliga vorbereiten zu müssen. Warum nicht? Schnelligkeit, Körpergröße, Beweglichkeit, ein linkes Spielbein – daraus entstehen Abwehrspezialisten, die gebraucht werden.
Vom Innenverteidiger zum Angreifer
Jan Siewert gehörte damals zum Trainerteam des DFB. Gemeinsam mit Christian Wück war er zuständig für die DFB-Auswahl U17. Die Suche nach einem spielstarken Innenverteidiger führte Siewert eines Tages zu einem Match der BVB-Junioren. Dort spielte Janni Serra auf dieser Position. Eigentlich!
Denn Hannes Wolf, damals Cheftrainer des hoch ambitionierten U17-Projekts in Dortmund, hatte mit Serra gerade eine neue Idee auf den Weg gebracht: Wolf ließ Serra nicht mehr vorrangig verteidigen, er ließ ihn plötzlich stürmen. Vorne drin. Wie einen Neuner.
Und so stürmte Janni Serra holterdiepolter auch ins Fußballherz des DFB-Trainers Jan Siewert. „Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie erstaunt ich damals gewesen bin, Janni Serra plötzlich als Angreifer bewerten zu können“, beschreibt Jan Siewert seine erste Wahrnehmung einer Positionsveränderung, die an diesem Tag sogleich recht spektakulär verlaufen war: „Janni machte drei Tore und bei der Art und Weise, wie er die Treffer erzielte, habe ich sofort gespürt: Donnerwetter, der Janni verkörpert etwas Besonderes, das es lohnenswert macht, es weiter zu entwickeln.“
So rückte Serra nicht – wie vielleicht zunächst gedacht – als Innenverteidiger sondern als Angreifer in die Aktionsfelder der DFB-Ausbilder. Bis heute steht Serra im Blickfeld des DFB, seit er mit der U17, U18 und U19 gar große Turniere spielte und so manchen Treffer beisteuerte.
„Seine erlernten Verteidigungspotenziale machen aus Serra einen hoch modernen Angreifer, weil er die Arbeit gegen den Ball nicht als Plage, sondern als Freude bewertet“, bemerkt Jan Siewert weiter. Doch selbstverständlich würdigt er auch dessen Stürmerblut: „Janni ist kopfballstark, hat einen starken Torschuss und macht die Bälle sicher vorne fest.“
Janni Serra ist einer von zwölf eingesetzten Spielern in der aktuellen Formation der KSV Holstein, die Wohlgemuth nach Kiel geholt hat. Gemeinsam mit Mühling und van den Bergh, die bereits dort waren, stemmen sich die Kieler Kicker gerade erfolgreich der These des dortigen Rausschmiss-Kommandos entgegen, wonach die Personalgestaltungen des bisherigen Sportchefs die Abberufung gerechtfertigt hätten.
Aufschwung setzt sein
Allen voran diesmal Janni Serra. Endlich wieder ein Serra-Tag. Lange hat er darauf warten müssen. Die Tim-Walter-Ära in Kiel war seine Welt, André Schubert indes war pure Lähmung.
So lässt sich an Serra besonders gut festmachen, wie irritierend der Übergang vom charismatischen Kreativ- und Antriebstrainer Tim Walter zum noch zu intensiv allein auf Existenzkampf programmierten Schubert für die etablierten Spieler des Störche-Teams gewesen ist.
Ja, es wurde Zeit für Serra. Dies waren seine ersten Torvorbereitungen in dieser Spielzeit und auch erst sein vierter Treffer. Eine mickrige Ausbeute für einen wie Serra. Doch immerhin geht es aufwärts: Drei Treffer sind die Ausbeute der letzten vier Spiele. Auch Mühling und Meffert erfreuen sich endlich wieder am wohligen Geruch des frischen Offensivfußballs nach Kieler Bauart. Nun mit ihrem Wunschtrainer Ole Werner.
Kieler Tore wie aus einem Guss
Längst ist sicher, dass Serras Positionswechsel einer guten Idee entsprungen ist. Doch ebenso sicher ist, dass es endlich wieder einmal einen Tag brauchte, wie diesen in Wiesbaden.
Wie bei Kiels 1:1 – Serra kann kombinieren auf engsten Raum. Mit Lee und mit Iyoha, der nach Serras Absatzkick freie Schussbahn hat und trifft.
Wie bei Kiels 4:1 – Serra wird mit dem Rücken zum Tor im Strafraum in halblinker Position angespielt. Wie aus einem Guss dreht er seinen Körper und schießt den Ball flach lange Eck.
Wie bei Kiels 6:3 – Serra treibt den Ball in halbrechter Position, erblickt den mitlaufenden Meffert auf halblinks. Auch hier bilden Antrieb, Blick und Zuspiel eine Einheit. Seine zweite Torvorlage an diesem Tag. Die Ersten für ihn in dieser Spielzeit.
Jan Siewert hat die Rückmeldung des Janni Serra auch auf der Insel verfolgt und sich vergnüglich auf die Schenkel geschlagen. Als Siewert die U23 von Borussia Dortmund trainierte und Janni Serra anderthalb Spielzeiten lang sein Torjäger war, wuchs diese Fußball-Allianz in eine sehr intensive Qualität.
„Wenn Janni Ladehemmung hatte, dann ließ ich ihn im Training eben wieder verteidigen“, erinnert sich Siewert gern einen Trick, der ihm alsbald wieder einen treffsicheren Stürmer bescherte. „Denn Janni ist sehr ehrgeizig, stets neugierig und obendrein ein fantastischer Mensch“, bemerkt Siewert weiter.
Ja, Positionswechsel dieser extremen Art sind selten. Doch wenn sie entstehen, können sie eben auch gelingen. Wie das Beispiel Janni Serra trefflich beweist.
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