Chapeau, Marcos Alvarez
Die besondere Leistung des 5. Spieltags
Spieler, wie er leben gefährlich. Er ist Künstler, nicht Malocher. Arbeitet mit dem Ball, nicht gegen ihn. Ist Toremacher, nicht Toreverhinderer. Marcos Alvarez, ist ein Luxusspieler. Eine Mannschaft und ihr Trainer müssen ihn sich leisten können. Wer ihn sich leistet, kann – wie jüngst geschehen – Spiele gewinnen. Deutlich und hoch gewinnen, wie beim 3:0 gegen den KSC. Weil Marcos Alvarez trifft. Zweimal sogar.
In der 3. Liga haben sie ihn sich immer geleistet, diese Osnabrücker Himmelsstürmer. Und die Rendite ist hoch: Elf Treffer Alvarez, neun Assists Alvarez macht Aufstieg mit und dank Alvarez. Doch in der 2. Bundesliga beginnt in Osnabrück eine neue Zeitrechnung. Eigentlich sind es zwei. Eine mit und eine ohne Alvarez.
Gekommen, um zu treffen
Denn Alvarez gilt als Unterschiedspieler. Wenn einer wie er draußen bleibt, entstehen Fragen. Fragen nach dem warum. Körperlich nicht optimal beieinander sei er, hieß es vorsorglich von Seiten des Trainers.
Zum Beispiel beim Auftakt in die Spielzeit gegen Heidenheim: Thioune verzichtet auf Alvarez. Gegen diese ausgebuffte Truppe von Frank Schmidt steht es 1:1. Ein gutes Ergebnis für den Aufsteiger. Erst in der 88. Minute kommt Alvarez. Wenn er kommt, kann man eben doch noch gewinnen, denken sich die Osnabrücker. Denn Alvarez kommt immer, um zu treffen.
Doch an diesem Tag geht der Schuss nach hinten los: 1:2 in der 89. und gar 1:3 in der 94. Minute. Alvarez kann nichts dafür. Nicht auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Blick. Dennoch sieht das unangenehm aus für Alvarez. Zwei Gegentore, womöglich, weil der VfL einen Malocher gegen einen Künstler ausgetauscht hat.
Eine Woche später in Sandhausen ist der Mann mit der Trikot-Nr. 9 wieder draußen. Bis zur Schlussviertelstunde. 0:0 steht es, als er in der 74. reinkommt und nur vier Minuten später das Tor des Tages erzielt. Einen keineswegs dem Spielverlauf entsprechenden drei-Punkte-Deal perfekt macht.
Als Osnabrück gut 20 Meter vor dem gegnerischen Tor einen Freistoß zugesprochen bekommt, übernimmt er sofort Verantwortung, als sei er der Kapitän des Teams. Dann geht alles ruckzuck: Alvarez schießt scharf, mit Schnitt und spektakulär. Krachend knallt der Ball gegen die Unterkante der Torlatte und landet komplett hinter der Torlinie. Wie kaltschnäuzig muss einer sein, der eine Woche nach der Erfahrung des Heidenheim-Spiels so wenig angeschlagen ist.
Einmal Startelf, zweimal Tor
Beim Torfestival über Darmstadt hat er ebenfalls zugeschaut. Als er wieder erst spät reinkommt, steht es schon 3:0. Doch als der Ball nahe des Strafraums auf Alvarez trifft, reagiert der hellwach, technisch versiert, instinktiv. Alvarez trifft hoch ins Eck. Ein Traumtor!!
Als der VfL am 4. Spieltag in Nürnberg 0:1 verlor, bleibt Alvarez komplett draußen. Gut so vielleicht. So hat er nichts zu tun mit dem vielleicht bisher einzigen blassen Auftritt der Osnabrücker in dieser Spielzeit. Und er fehlt, um zu kommen.
Denn beim jüngsten 3:0 über den KSC steht er zum ersten Male in dieser Spielzeit in der Startelf. Beim VfL glaubt man, ihn sich an diesem Tag leisten zu können. Mit Henning und Taffertshofer agieren erstmals gleich zwei ausgewiesene Balleroberer an seiner Seite. Der Effekt ist überragend: 1:0 Alvarez, 2:0 Alvarez. Tor Nr. 1 ein technisches Meisterstück, Tor Nr. 2 wieder ein Elfer voller Sinn und Verstand. Nimmt man das Pokaltor beim 2:3 gegen RB Leipzig dazu: Sein zweiter Penalty bereits.
Seine Name, sein Fußballspiel und auch seine Art zu Jubeln verraten seine Wurzeln. Wenn er sich nach seinen Treffern immer und immer wieder an die geschwellte Brust klopft, wenn er sein bärtiges Kinn nach vorne presst und seinen Rücken dem Publikum zuwendet und dabei mit beiden Zeigefingern auf seinen Namen zeigt, dann jubelt hier ein stolzer Spanier. Für den VfL Osnabrück, für die Fans, für seinen Vater, der einst ebenfalls Profi war und für sich.
Für Marvos Alvarez, den Spieler, den man sich leisten muss. Und dies hoffentlich noch häufig tut…
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