Dominik Reimann vom 1. FC Magdeburg im Interview: „Jürgen Klopp hat viel rumgeschrien“
Der Torwart vom 1. FC Magdeburg spricht unter anderem über seine Zeit in Dortmund
Dominik Reimann wurde bei Borussia Dortmund ausgebildet und zu den Profis befördert, wo er Ersatztorwart unter Jürgen Klopp und Thomas Tuchel gewesen ist. Heute ist er Kapitän und Stammtorwart des 1. FC Magdeburg. Im exklusiven Interview mit Liga-Zwei.de spricht der 27-Jährige über den erfolgreichen Saisonstart von Magdeburg und seine Vergangenheit in Dortmund
Herr Reimann, der 1. FC Magdeburg hat den besten Zweitliga-Saisonstart der Vereinsgeschichte hingelegt. Was macht Ihre Mannschaft in dieser Saison so stark?
Ich glaube, wir haben aus den Fehlern der vergangenen Saison gelernt. Wir machen weniger individuelle Fehler und sind konstanter in unserem Spiel. Wir spielen unser Spiel über 90 Minuten, was uns gegen Köln und gegen Karlsruhe geholfen hat. Wir bleiben unserer Linie treu, bis das Spiel abgepfiffen wird.
Sie sind auch in der vergangenen Spielzeit gut gestartet und waren die ersten fünf Spiele unbesiegt, durchlebten daraufhin aber eine Durststrecke mit acht sieglosen Spielen. Was stimmt Sie zuversichtlich, dass so etwas nicht noch einmal passiert?
Wir haben ein gutes Fundament in der Mannschaft, mit den Zugängen und den Spielern, die schon da waren, sodass dies nicht noch einmal passieren sollte.
Fünf Tore wurden bereits durch Einwechselspieler erzielt. Ist der Kader in der Breite besser aufgestellt als in der vergangenen Saison?
Das denke ich schon. Wenn man überlegt, dass wir nach 60, 70 Minuten beispielsweise Tatsuya Ito reinbringen können, der dann frisch gegen einen Spieler spielt, der bereits 60, 70 Minuten in den Beinen hat, kann dies noch einmal das Spiel verändern. Das ist auch so gewollt.
Der nächste Gegner wird der SV Darmstadt 98 sein, der zwar zunächst schlecht in die Saison gestartet ist, allerdings am vergangenen Spieltag ein 0:3-Rückstand beim FC Schalke 04 gedreht und mit 5:3 gewonnen hat. Wie schätzen Sie den Bundesliga-Absteiger ein?
Man darf sich von der Tabelle nicht beirren lassen. Das ist trotzdem eine sehr gute Mannschaft. Wie eigentlich alle Mannschaften in der 2. Liga, haben sie ihre Qualitäten. Wir bereiten uns gut auf das Spiel vor und wollen etwas mitnehmen.
Früher galt Magdeburg vorrangig als Handball-Stadt. Wie hat sich das seit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga verändert?
Magdeburg ist generell eine sehr sportlich angehauchte Stadt, in der es viele Interessen sind – nicht nur im Handball oder Fußball, sondern zum Beispiel auch beim Schwimmen und in der Leichtathletik. Insgesamt war es schon immer so, dass der 1. FC Magdeburg eine große Fanbasis hatte, aber der SC Magdeburg genauso. Ich glaube, das wird sich auch nicht ändern.
Der sportliche Aufschwung von Magdeburg hängt nicht zuletzt mit Trainer Christian Titz zusammen. Was zeichnet ihn als Trainer aus?
Zunächst einmal würde ich sagen, ist er menschlich ein sehr guter Trainer, der mit den Spielern viel kommuniziert und sie besser machen möchte. Dadurch werden wir auch als Mannschaft besser. Hinzu kommt, dass wir ein Stück weit besonders spielen mit einem hoch stehenden Torwart, der beim Spielaufbau der Überzahlspieler sein soll. Und auch wenn es mal eine Phase gibt, die etwas schwieriger ist, wie zum Beispiel mit den acht sieglosen Spielen in der vergangenen Saison, hält er trotzdem an seiner Linie fest und lässt keine Unruhe aufkommen.
Sprechen wir über Ihren Werdegang. Sie sind bereits im Alter von sieben Jahren der Nachwuchsabteilung von Borussia Dortmund beigetreten. Wie kam es damals dazu?
Mein Papa hatte mich angemeldet. Ich war Mitglied bei Borussia Dortmund, seitdem ich auf der Welt bin. Papa war immer Dortmund-Fan. Früher gab es dort einen Tag der Talente, an dem hunderte von Kindern im Stadion Rote Erde Fußball gespielt haben. Daraus wurde dann ein U-Team gebildet. Dass ich es dort bis zu den Profis schaffen würde, war natürlich nicht zu erahnen. Klar, war es der größte Wunsch, aber eigentlich bin ich nur hingegangen, um ein bisschen Fußball zu spielen, Spaß zu haben und weil mein Papa auch Bock darauf hatte.
Sie wurden hinter Roman Bürki und Roman Weidenfeller als dritter Torhüter zu den Profis hochgezogen. Wie haben Sie sich als junger Torwart zwischen all den Top-Stars gefühlt?
Mega. Ich hatte jeden Tag Spaß, nicht nur mit den beiden Torhütern zusammenzuarbeiten, sondern auch mit dem Team. Also was da für Spieler vor dir stehen, das ist noch einmal etwas ganz anderes. Ich glaube, aus der Zeit kann man sehr viel mitnehmen – auch wenn ich keine Spiele gemacht habe. Ich war bei jedem Training dabei, das hat mir enorm geholfen. Auch dadurch bin ich da, wo ich jetzt bin.
Wie haben Sie Jürgen Klopp wahrgenommen, der in Ihrer Anfangszeit noch Trainer von Dortmund war?
Super. Er war auch menschlich top, hat Feuer reingebracht und hat auch im Training viel rumgeschrien – aber im positiven Sinne. Das hatte auf junge Spieler wie mich einen großen Einfluss, denn man wollte unbedingt sein Bestes geben. Es war auf jeden Fall eine sehr, sehr schöne Zeit – ob nun unter Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel.
Thomas Tuchel war sicherlich ein anderer Trainertyp, oder? Vielleicht etwas distanzierter?
Ja, ein Stück weit distanzierter, das stimmt. Aber er war auch detailversessen im Training – beim Passspiel, wie man den Ball annimmt, wie man sich Torchancen herausspielt. Da war Jürgen Klopp ein bisschen anders. Aber insgesamt waren die zwei wirklich super Trainer.
In zwei Bundesligaspielen saßen Sie als Ersatztorwart auf der Bank – einmal im April 2015 beim Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt, dann noch einmal im November 2017 bei dem verrückten Derby gegen den FC Schalke 04, das mit 4:4 endete. Auch wenn Sie nicht gespielt haben: Sind das für Sie besondere Erlebnisse gewesen?
Auf jeden Fall. Wer möchte nicht gerne am Samstag gegen 15.30 Uhr im Signal Iduna Park auf dem Platz stehen? Auch wenn es nur beim Aufwärmen war, ist es für mich ein besonderes Erlebnis gewesen.
Gab es einen Moment, in dem eine Einwechslung im Raume stand, weil der Torwart sich zum Beispiel behandeln lassen musste?
Nein, ich glaube nicht. Und da war ich damals im jungen Alter auch ein Stück weit froh drüber. Ich habe alles schön genossen auf der Bank, habe mir das alles angeguckt – aber auf dem Platz zu stehen, wäre nochmal eine andere Hausnummer gewesen. Beim ersten Spiel war ich erst 16 Jahre alt, beim zweiten Spiel 18 Jahre. Das wäre schon extrem gewesen. Ich hätte die Herausforderung natürlich angenommen. Aber ich war ganz froh, mir das Spiel von außen angucken zu können.
Von 2018 bis 2021 waren Sie bei Holstein Kiel. In der Spielzeit 2019/20 waren Sie zunächst Stammtorwart, wurden allerdings nach sechs Spieltagen zur Nummer 2 degradiert. War das die größte Enttäuschung Ihrer Karriere?
Es war die schwierigste Zeit, weil ich damals von zu Hause ausgezogen bin, allein in Kiel war und es nicht so lief wie gewünscht. Wir waren nicht erfolgreich in der Zeit, als ich im Tor stand. Dann kam ein neuer Trainer, der den Torwart wechselte. Dann lief es relativ gut. Dadurch war es schwer für mich. Trotzdem war es keine schlechte Zeit für mich, sondern irgendwie auch eine erfolgreiche und lehrreiche Zeit.