Eintracht Braunschweig: Interview mit Ken Reichel

Überzeugt, dass wir wieder eine gute Rolle spielen

Autor: Christian Slotta Veröffentlicht: Montag, 24.07.2017 | 09:07
Ken Reiche

Will neu angreifen. Eintracht-Routinier Ken Reichel (r.) hat die bittere Relegation gut verdaut. ©Imago

Die 2. Bundesliga steht in den Startlöchern. Eintracht Braunschweig bestreitet das erste Montagsspiel der Saison bei Fortuna Düsseldorf. Vergangene Saison spielten die Norddeutschen um den Aufstieg und scheiterten erst in der Relegation am Bundesligisten VfL Wolfsburg. Ken Reichel ist der dienstälteste Spieler der Eintracht.

Der Linksverteidiger geht mit Braunschweig nun in seine 11. Saison. Im exklusiven Liga-Zwei.de Interview spricht der 30-Jährige über die Aufstiegsfavoriten der Spielzeit 2017 / 2018, die Entwicklung des Vereins und seine Vergangenheit beim Hamburger SV.

Herr Reichel, viele Mannschaften, die in der Relegation zur Bundesliga gescheitert sind, rutschten in der Saison danach ab. So erging es zuletzt Nürnberg, Karlsruhe und Greuther Fürth. Droht Braunschweig ein ähnliches Schicksal?
Ken Reichel: „Das denke ich nicht. Wir haben in der Vorbereitung gut gearbeitet. Zudem ist die Truppe größtenteils zusammengeblieben. Ich bin davon überzeugt, dass wir diese Saison wieder eine gute Rolle spielen werden.“

Haben Sie die Enttäuschung über den verpassten Aufstieg komplett verarbeitet?
Reichel: „Ein paar Tage hatte es natürlich gedauert. Als ich mit meiner Familie dann im Urlaub war, konnte ich aber gut relaxen und mit dem Thema abschließen. Das war bei den anderen Spielern sicherlich genauso. Die Stimmung in der Mannschaft war während der Saisonvorbereitung richtig gut.“

„ Es gibt viele Mannschaften, die oben mitspielen können. ”
über Aufstiegsfavoriten

Letzte Saison gab es mit dem VfB Stuttgart und Hannover 96 zwei Übermannschaften. Nun ist die Liga ausgeglichener. Ist Braunschweig der Top-Favorit auf den Aufstieg?
Reichel: „Es gibt viele Mannschaften, die oben mitspielen können. Wir gehören sicherlich dazu. Aber ich würde auch die beiden Absteiger SV Darmstadt und Ingolstadt, außerdem Union Berlin, Dynamo Dresden, St. Pauli, Greuther Fürth und auch Kaiserslautern dazu zählen. Viele Mannschaften haben sich gut verstärkt und wollen vorne mitspielen.“

Bei den Testspielen gab es mit der Niederlage gegen den Drittligisten Karlsruhe und dem Unentschieden gegen den Regionalligisten Waldhof Mannheim echte Dämpfer. Wie bewerten Sie das rückblickend?
Reichel: „Natürlich hätten wir auch diese Spiele gerne gewonnen. Testspiele sind aber auch dafür da, gewisse Dinge auszuprobieren. Daher haben die Ergebnisse solcher Partien nur bedingt Aussagekraft.“

Lassen Sie uns ein wenig über Ihre Karriere sprechen: Sie haben mit 18 Jahren noch beim Amateurverein Tasmania Berlin in Ihrer Heimatstadt Berlin gespielt. Warum sind Sie nicht früher in der Jugendabteilung eines Profivereins gewechselt?
Reichel: „Es gab durchaus Mannschaften, die an mir interessiert waren. Aber da ich auch bei Tasmania Berlin in der höchsten Spielklasse, der A-Junioren-Bundesliga, gespielt habe, gab es keinen Grund zum Wechseln. Ich konnte mich auch so mit den besten Mannschaften messen. Zudem stand für mich erst einmal der Schulabschluss im Vordergrund.“

Sie sind dann im Jahre 2005 zur zweiten Mannschaft des Hamburger SV gegangen und haben dort zwei Jahre gespielt. Wie nahe waren Sie damals an den Profis dran?
Reichel: „Ich konnte ab und zu bei den Profis hineinschnuppern. Aber für einen jungen Spieler war es brutal schwer, in den Profikader hineinzurutschen. Damals hat der HSV in der Champions League gespielt.

Im Kader standen Top-Spieler wie Rafael van der Vaart, Daniel van Buyten oder Khalid Boulahrouz. Ich hatte als junger Spieler zwar das Gefühl, irgendwie mithalten zu können. Trotzdem hatten diese Spieler eine andere Qualität. Ich war einfach dankbar, wenn ich dort ein bisschen mitmischen durfte“.

Ken Reichel im Zweikampf mit Manuel Torres

Vereinstreu. Ken Reichel (r.) steht vor seiner elften Saison in Braunschweig. ©Imago

Vor ziemlich genau zehn Jahren sind Sie dann zu Eintracht Braunschweig gewechselt. Damals spielte der Verein noch in der Regionalliga. Sie hatten in Braunschweig keinen leichten Einstand, oder?
Reichel: „Eigentlich begann alles sehr vielversprechend. Ich wurde von dem damaligen Trainer Benno Möhlmann verpflichtet und habe auch anfangs viel gespielt. Dann hatte ich mich leider verletzt und kam erst einmal weniger zum Einsatz. Trotzdem war der Wechsel genau der richtige Schritt.“

„ Er war schon immer ein emotionaler Trainer ”
über Torsten Lieberknecht

Inwiefern? Genau genommen sind Sie damals nur von einem Regionalligisten zu einem anderen Regionalligisten gewechselt.
Reichel: „Das stimmt zwar. Für die erste Mannschaft eines Traditionsvereins zu spielen ist aber etwas komplett anderes als für die zweite Mannschaft eines Bundesligisten.

Der Verein hatte in Braunschweig auch als Regionalligist eine große Bedeutung. Wenn es sportlich nicht gut lief, war die schlechte Stimmung in der ganzen Stadt zu spüren. Das war eine neue Erfahrung für mich.“

War damals zu erahnen, wie weit es Eintracht Braunschweig bringen würde?
Reichel: „Als ich nach Braunschweig kam, hatten wir bereits die klare Zielvorgabe 2. Bundesliga. Leider hat das nicht geklappt. Wir haben uns gerade so eben für die neu gegründete 3. Liga qualifiziert. Aber wir hatten eine starke Mannschaft, sodass ich weiterhin an die 2. Liga geglaubt habe.“

Inwiefern unterschied sich der Verein damals von der heutigen Eintracht?
Reichel: „In den vergangenen zehn Jahren wurde nahezu alles verändert. Ob nun die Kabinen, die Geschäftsstelle, der Pressebereich, das Stadion – alles wurde über die Jahre erneuert. Das lässt sich mit damals nicht mehr vergleichen.“   

Die Erfolgsgeschichte von Eintracht Braunschweig begann im Jahre 2008, als Torsten Lieberknecht vom U-19 Trainer zum Cheftrainer der ersten Mannschaft befördert wurde. Welche Erinnerungen haben Sie an seine ersten Wochen als Trainer?
Reichel: „Er war noch ein sehr junger Trainer und hatte seine eigenen Ansichten vom Fußball. Er ließ uns einen komplett anderen Fußball spielen als sein Vorgänger Möhlmann. Das Verteidigen, das Offensivspiel – alles wurde auf den Kopf gestellt.

Natürlich hat er sich über die vielen Jahre als Trainer weiterentwickelt. Als Typus blieb er allerdings immer gleich. Er war schon immer ein sehr emotionaler Trainer an der Außenlinie. Das zeichnet ihn aus.“

Vielen Dank für das Interview, Herr Reichel?

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