Ron-Thorben Hoffmann im Interview über den starken Saisonstart von Braunschweig, die Fehleinschätzung Schalke und Training mit Manuel Neuer
Braunschweig-Torwart spricht Klartext über die starke Eintracht und das misslungene Intermezzo auf Schalke
© IMAGO / Philipp Szyza
Eintracht Braunschweig hat mit zwei Siegen einen perfekten Saisonstart hingelegt. Im Exklusiv-Interview mit Liga-Zwei.de spricht Torwart Ron-Thorben Hoffmann über die Gründe für den guten Auftakt, das DFB-Pokalspiel gegen den VfB Stuttgart, das schwierige Intermezzo bei Schalke 04 und seine Vergangenheit beim FC Bayern München.
Herr Hoffmann, worauf führen Sie den guten Saisonstart zurück?
Das ist eine große Frage. Natürlich freuen wir uns alle im Verein sehr über diesen Saisonstart. Ich würde sagen, unser Trainer hat mit seiner Art und Weise in der Vorbereitung frischen Wind reingebracht. Wir haben in der Vorbereitung richtig Gas gegeben und hatten das Ziel vor Augen, einen besseren Start hinzulegen als in den vergangenen Jahren, weil man ansonsten dem Geschehen hinterherläuft. Wir hatten sicherlich auch ein bisschen das Glück auf unserer Seite, aber das haben wir uns erarbeitet. Wenn ich an das Spiel gegen Magdeburg zurückdenke…
Welches Sie zum Saisonauftakt mit 1:0 gewonnen haben…
Es war nicht einfach, nach der Roten Karte in Unterzahl die Null zu halten – und dann auch noch ein Tor zu schießen. Das gab uns Selbstvertrauen, was auch im darauffolgenden Heimspiel gegen Greuther Fürth zu sehen war. Auch wenn Rückschläge kommen, wirft uns das nicht um. Das ist vielleicht ein Unterschied zum vergangenen Jahr. Wir stecken die Köpfe zusammen, rennen vorne den Gegner an und erarbeiten uns Chancen. Dadurch haben wir das Spiel gewonnen.
Was macht den Fußball von Eintracht Braunschweig unter dem neuen Trainer Heiner Backhaus aus?
Wir wollen natürlich höher pressen. Unsere Basis ist die Arbeit gegen den Ball. Das hat der Trainer klar kommuniziert. Wir laufen den Gegner hoch an, unsere Kette steht höher, trotzdem können wir im tiefen Block verteidigen. Vorne ist unser Spiel sehr direkt und geradlinig. Mit Erencan Yardımci und Christian Conteh haben wir im Sturm die richtigen Spielertypen, weil die beiden pfeilschnell sind.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass es in dieser Saison nicht nur gegen den Abstieg gehen wird?
Man muss von Spiel zu Spiel schauen. Es wird Spiele geben, die wir nicht so gut auf unsere Seite gelenkt bekommen wie gegen Magdeburg und Greuther Fürth. Das ist ganz normal. In solchen Phasen sind wir Führungsspieler gefragt, voranzugehen und die Köpfe aufzurichten. Aber ich glaube, dass uns ein guter Saisonstart auch tragen kann. Wir haben viel Selbstvertrauen in uns. Wir müssen noch weiter das Mindset in unsere Kabine tragen, dass jedes Spiel – bei dem viele Menschen zuschauen – eine Chance ist. Diesen Weg haben auch andere Vereine wie Paderborn oder Elversberg eingeschlagen. Auch für Eintracht Braunschweig kann dies der Weg sein. Dann könnte daraus etwas Gutes entstehen.
Sie haben nach der Relegation gesagt, dass neue Spieler kommen müssten und Sie zur Not auch behilflich sein würden. Welche Rolle haben Sie bei der Verpflichtung von Mehmet Aydin gespielt?
Wir hatten bereits auf Schalke einen guten Draht zueinander. Daher gab es einen Austausch. Er hat mich nach dem Verein gefragt, der Verein hat mich nach ihm gefragt. Man sieht bereits, dass er in unserer Mannschaft gut funktioniert. Er hat dem Spiel seinen Stempel aufgedrückt. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: In erster Linie bin ich natürlich Spieler und habe großes Vertrauen in die Verantwortlichen. Sie haben einen guten Kader zusammengestellt, denn wir haben eine junge, hungrige Mannschaft mit Ambitionen.
In Jasmin Fejzić hat die Eintracht einen Torwarttrainer, der vor nicht allzu langer Zeit noch Ihr Konkurrent war. In der Spielzeit 2022/23 ging er als Nummer 1 in die Saison, ehe er eine Gelbrotsperre absitzen musste und von Ihnen verdrängt wurde. Macht diese Vorgeschichte die Zusammenarbeit speziell?
Man sollte die damalige und heutige Situation nicht miteinander vergleichen. Ich kam als junger Torwart nach Braunschweig. Er war hier der Kapitän und eine Vereins-Legende, ich war der Herausforderer. Es war nicht immer leicht zwischen uns. Wir hatten unsere Differenzen und sind auch mal aneinandergeraten. Solche Reibungen gehören bei einer Fußballmannschaft dazu und sind wichtig.
Aber…?
Aber das hatte sich komplett verändert, als ich meine Einsätze bekam. Jasmin hat mich von diesem Zeitpunkt an bedingungslos supportet. Das ist jetzt nicht anders. Wir brauchen uns gegenseitig. Er arbeitet sehr, sehr akribisch. Man muss dazu sagen, dass dies seine erste Station als Torwarttrainer im Profifußball ist. Ich muss ihm echt ein Lob aussprechen, denn er macht das richtig gut. Er hört in unsere Torwartgruppe hinein und achtet darauf, wie wir uns fühlen und welche Inhalte uns wichtig sind. Der Verein hat nicht ohne Grund den Vertrag mit ihm verlängert.
Sie waren in den vergangenen Tagen mit Braunschweig noch nicht im DFB-Pokal aktiv, dafür aber am 26.8. gegen den Pokalsieger VfB Stuttgart. Wie groß ist der Glaube an eine Sensation?
Erst einmal liegt unser Fokus auf dem Ligaspiel gegen den Karlsruher SC, danach auf Stuttgart. Pokalspiele sind immer etwas Besonderes, vor allem bei einem Flutlichtspiel unter der Woche. Ich spiele gegen meinen früheren Trainer, zudem treffe ich mit Angelo Stiller und Alex Nübel auf zwei frühere Mannschaftskameraden. Dadurch ist das für mich persönlich ein besonderes Spiel.
Sie haben Braunschweig im Sommer 2024 verlassen und erlebten ein schwieriges Halbjahr beim FC Schalke 04, ehe Sie nach Braunschweig zurückkehrten. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Mit dem heutigen Wissen war der Wechsel nach Schalke eine Fehleinschätzung. Als mein Vertrag in Braunschweig auslief, wurde mir in den Gesprächen mit Schalke eine klare Vision aufgezeigt. Doch ich geriet in die Machtkampfmühlen der Verantwortlichen und war am Ende der Leidtragende. Ich bekam nicht das Vertrauen, um meine Spiele zu machen. Dabei habe ich mir nie etwas zu Schulden kommen lassen. Das war für mich sehr schade. Aber als Person bin ich durch diese Erfahrung gereift. Ich bin froh, dass ich nach Braunschweig zurückkehrte und diese gute Rückrunde gespielt habe. Dies war auch ein Statement an alle Außenstehenden, auch an Schalke. Am Ende haben wir uns mit dem Klassenerhalt belohnt. Nun gilt meine komplette Konzentration Braunschweig. Ich will hier meinen Stempel aufdrücken und dabei helfen, den Verein in ein ruhigeres Fahrwasser zu bekommen.
Ihre Profikarriere begann beim FC Bayern München. Sie haben dort in der 2. Mannschaft gespielt und waren teilweise 3. Torwart bei den Profis. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Das war eine sehr wertvolle Zeit. Ich bin die U-Mannschaften durchlaufen und habe später bei den Profis diese großen Highlights miterlebt: das Champions-League-Turnier in der Corona-Zeit, der Weltpokal, zahlreiche Meisterschaften, dann auch noch die Meisterschaft in der 3. Liga mit der 2. Mannschaft. Dort sind viele coole Sachen passiert, für die ich sehr dankbar bin. Leider habe ich kein Pflichtspiel bei den Profis gemacht. Trotzdem war das eine tolle Zeit. Für mich war es Gold wert, bei den Profis zu trainieren und mit der 2. Mannschaft Spielpraxis in der 3. Liga zu sammeln.
Im Sommer 2021 haben Sie den FC Bayern verlassen…
„Es war selbstredend, dass ich mich bei Bayern nicht durchsetzen würde, denn Manuel Neuer ist der beste Torwart aller Zeiten. Ich bin aber dankbar, dass ich viel von ihm lernen konnte. Mir war bewusst, dass ich dort an den Profifußball herangeführt werde und danach woanders meinen Weg gehen würde.“