Chapeau, Daniel-Kofi Kyereh

Die besondere Leistung des 2. Spieltags

Autor: Luis Hagen Veröffentlicht: Dienstag, 29.09.2020 | 07:00
Daniel-Kofi Kyereh gegen Heidenheims Marnon Busch.

Nicht zu halten: Daniel-Kofi Kyereh eröffnete den Torreigen gegen Heidenheim. ©imago images/Baering

Wenn die eine neue Spielzeit mit einem Trainingscamp der gesamten Besatzung einer Fußball-Mannschaft eingeläutet wird, dann gehört es zum guten Ton, dass die neuen Spieler in einem der abendlichen Zusammenkünfte bereit sind, mit einem Gesang ihre stimmlichen Talente auf die Bühne zu bringen. Das ist dann der Moment in diesem Ritual des Fußballs, in dem es neuzeitlich immer häufiger vorkommen könnte, dass sogar Superstar-Scout Dieter Bohlen mega-überrascht sein würde.

Einer von denen, über die in dieser Angelegenheit besonders hochachtungsvoll gesprochen wird, ist Daniel-Kofi Kyereh. Sein „Oh Happy Day“, so erzählt man sich zwischen Millerntor und Wiesbaden, sei künstlerisch der Hammer und allemal erlebenswert.

über den Sänger Daniel-Kofi Kyereh
„ Kofis Gesang geht unter die Haut ”
sein Ex-Trainer Christian Benbennek

„Kofis Gesang geht unter die Haut“, berichtet zum Bespiel Christian Benbennek. Der war beim TSV Havelse in der Regionalliga Nord Kyerehs Trainer und hatte bereits zuvor als Trainer des VfL Wolfsburg häufiger damit zu tun, die Liebe zur Musik dieser jungen Leute mit der fußballerischen Ausbildung in der dortigen Akademie unter einen Hut zu bringen.

Diesen „Oh Happy Day“, den Daniel-Kofi Kyereh so brilliant zu besingen versteht, hat der Interpret freilich nun auch in seine Welt des Fußballs transportiert. Beim Last-Minute-Remis vor einer Woche in Bochum hat er mit seinen beiden Treffern dieses furiose 2:2 möglich gemacht.

Und nun bei der Heimpremiere am Hamburger Millerntor hat Kyereh mit seinem Paukenschlag zum 1:0 den bis dahin selbstbewusst aufspielenden 1. FC Heidenheim in eine Art der Schockstarre versetzen können, von der sich erst nach drei weiteren Pauli-Treffern halbwegs erholen konnte.

Er tritt aus Schäfflers Schatten

Freilich hatte Daniel-Kofi Kyereh auch beim SV Wehen Wiesbaden als schneller Dribbler und entschlossener Schütze in der vorigen Spielzeit gelegentlich auf sich aufmerksam machen können. Ja, nach 28 Einsätzen dort in der 2. Bundesliga standen acht Treffer und sechs Torvorlagen zu Buche. Doch unter dem Strich rückte er dort recht selten aus dem breiten Schatten hervor, den der Sturmkollege Manuel Schäffler mit seinen 19 Saisontreffern unvermeidbar produziert hatte.

Und am Ende des Weges ließ sich dort eben auch der Abstieg aus dieser Spielklasse nicht vermeiden. So blieb eine Verpflichtung des Daniel-Kofi Kyereh auch nach zwei persönlich hoffnungsvollen Spielzeiten für den SVWW für viele Entscheider in der Welt des Profifußballs eine Vision, der zu folgen von einer Menge Fantasie begleitet sein musste.

Selbstvertrauen & positive Energie

Timo Schultz und Andreas Bornemann, die Macher des Fußballs am Millerntor, haben diesen geistreichen Weitblick aufgebracht. Für ihre Kreativität bei der neuen Personalgestaltung heimsen sie gerade viel Lob ein. Denn es ist vielleicht das größte Highlights dieses Spieltags, wie Kyereh mit seinem Torpedo-Treffer dieser Herausforderung gegen Heidenheim die Wende gegeben hat.

Als ihm Rico Benatelli rund zehn Meter vor dem Strafraum den Ball überliess, entstand eine Aktion des Torabschlusses, wie sie allein Derjenige auf das Spielfeld bringen kann, der gerade ein großes Potenzial an Selbstvertrauen besitzt und voller positiver Energien auf Torejagd geht.

Als also der neue Kiezkicker mit der Trikot-Nr. 17 den Ball erhielt, schien nun plötzlich eine Art Turbo zu zünden: Annahme, Mitnahme, Abschluss – alles dies in höchstem Tempo, größer Dynamik und höchster Präzision. Ganz unten links ist dann der Ball im Heidenheimer Gehäuse eingeschlagen und alles war so unglaublich schnell gegangen, so dass Heidenheims Torwart Kevin Müller so wirkte, als habe er gar nicht begriffen, was da soeben mit ihm passiert war.

über den Fußballer Daniel-Kofi Kyereh
„ Kofi wollte immer wie Cristiano Ronaldo sein ”
Christian Benbennek

Der Fußball-Lehrer Christian Benbennek hat diese Aktion seines früheren Schützlings erst am späten Abend in einem TV-Zusammenschnitt gesehen. Immerhin hat er dabei zuerst den Ärger über den verpassten Sieg seines aktuellen Teams, dies ist Dynamo Berlin, in der Regionalliga Nordost vertreiben können. Dann aber sind bei ihm sofort auch einige Erinnerungen an zwei gemeinsame Spielzeiten beim TSV Havelse wachgeworden.

Und so berichtet Christian Benbennek im Gespräch mit Liga-Zwei.de amüsiert dies: „Kofi wollte immer wie Cristiano Ronaldo sein. Also von links außen zur Mitte eindringen und dann aufs Tor schießen. Doch ich habe nie aufgehört, ihm verständlich zu machen, das der Weg zum Tor für ihn vom Angriffszentrum aus kürzer ist und er somit von dort aus noch viel torgefährlicher werden kann.“

Christian Benbennek

Rund eineinhalb Jahre coachte Christian Benbennek Kyereh in Havelse. ©imago images/Joachsim Sielski

Dass Kyereh diesen entscheidenden Positionstausch irgendwann auch akzeptiert hat, ist somit Benbenneks Beharrlichkeit zu verdanken. Auch, dass der Trainer im Feierabend-Projekt Havelse für seinen ambitionierten Angreifer oftmals bereits am Nachmittag für ein individuelles Sondertraining zur Verfügung stand, wird Daniel Kofi-Kyereh beim Genuss der aktuellen Entwicklung als neuer Hoffnungsträger im Sturm des FC St. Pauli keineswegs vergessen haben.

„Kofi hat lange gebraucht, doch er hat niemals aufgegeben, an den großen Traum zu glauben. Er wollte Profi werden und hat sich niemals abbringen lassen von diesem Ziel“, sagt Benbennek. Keyereh verbrachte vier Spielzeiten beim TSV Havelse. Also zwei mehr als Benbennek, der längst zum SV Ried nach Österreich und dann zu Alemannia Aachen gewechselt war, um unter Vollprofi-Bedingungen arbeiten zu können.

über Kyerehs Karriereweg
„ Eigentlich schien es so, als habe Kofi den Absprung in den Profifußball verpasst. ”
Christian Benbennek

So gibt der Trainer zu: „Eigentlich schien es so, als habe Kofi den Absprung in den Profifußball verpasst.“ Irrtum. Denn 2018 überzeugte Kyereh Wiesbadens Coach Rüdiger Rehm in Trainingstests und so wurde er als Spätentdeckter aufgenommen und durfte nun auch dort mitstürmen, wo er mit dem Toreschießen obendrein Geld verdiente: Zuerst durch die 3. Liga, dann hinauf in die 2. Bundesliga.

Und jetzt also agiert Daniel-Kofi Kyereh im Rampenlicht und imponiert auch seinen Ausbilder Christian Benbennek. „Kofi hat sich enorm verbessert. Hat körperlich an den wichtigsten Muskeln gearbeitet, hat so seine Dynamik erhöht und er ist außerdem einer der wenigen echten beidfüßigen Schützen, die ich kenne“, beschreibt Benbennek die wohl bedeutendsten Veränderungen im Leistungsrepertoire des frechen Pauli-Stürmers.

Beidfüßig torgefährlich

Dass Daniel-Kofi Kyereh eigentlich von Hause aus ein gelernter Rechtsfuß ist, gehört somit wohl zu den größten Überraschungen, mit denen der Himmelsstürmer vom Kiez aktuell aufwarten kann. Denn als der frühere Pauli-Stürmer Martin Driller als Experte mit Torjägervergangenheit im Studiogespräch mit dem Sky-Moderator Yannick Erkenbrecher voller Bewunderung die Fähigkeiten Kyerehs auflistete, bemerkte er voller Überzeugung: „Toll, dass bei Pauli jetzt so ein schussgewaltiger Linksfuß stürmt.“

Nun, Daniel-Kofi Kyereh kann’s zum Glück mit rechts und mit links gleichermaßen gut. Und dies ist dann auch noch einen spektakulären Salto wert. Rückwärts aus dem Stand. Mit der Körperbeherrschung eines Kunstturners. Ja, „Oh Happy Day“ am Millerntor…

 

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