Chapeau, Patrick Schmidt

Die besondere Leistung des 25. Spieltags

Autor: Luis Hagen Veröffentlicht: Dienstag, 10.03.2020 | 08:00
Patrick Schmidt von Dynamo Dresden

Patrick Schmidt (r.) darf sich als gelungener Winter-Transfer feiern lassen. ©Imago images/Dennis Hetzschold

„Donnerwetter, ist dies ein starkes Statement von Patrick Schmidt bei seinem neuen Verein.“

„Patrick hat einen so feinen Charakter: Jeder, der ihn gut kennt, wird ihm diesen Sahne-Tag und diese tolle Entwicklung wirklich gönnen.“

„Wuchtig, willensstark, dynamisch und immer für das ganze Team aktiv. Patrick ist ein Volldampf-Mittelstürmer, wie ihn sich jede Mannschaft wünscht.“

Ein Champion, drei Botschaften, ein Berichterstatter: Dirk Lottner. Dem gelang es einst – und dies ist keinem anderem Fußballer geglückt – sowohl bei Fortuna Köln als auch danach beim großen FC als linksbeiniger Spielmacher und Scharfschütze so gut zu sein, dass er in beiden Kölner Fußball-Instanzen zum Publikumsliebling aufrücken konnte.

Mit Liga-Zwei.de spricht der heute 48 Jahre alte Fußball-Lehrer auffällig aufgeräumt über seinen früheren Schützling. Beim 1. FC Saarbrücken haben sie zwei gemeinsame Spielzeiten erlebt. Und Lottner hat einen guten Einfluss ausgeübt: Patrick Schmidt hat in 72 Spielen 46 Treffer erzielen und sich dem 1.FC Heidenheim empfehlen können.

Hier Überlebenswillen, dort Unbekümmertheit

Wir erreichen Lottner daheim in der Kölner Südstadt, um anhand seiner Expertise herauszufinden, warum sich dieser Patrick Schmidt kurzerhand so eindrucksvoll in den Kampf um den Erhalt der 2. Bundesliga bei Dynamo Dresden einzubringen vermag. Mit einem so starken Überlebenswillen einerseits und mit der Unbekümmertheit eines spielenden Kindes anderseits.

Zweimal hintereinander hat der Tabellenletzte einen 0:1-Rückstand in einem 2:1-Sieg verwandeln können. Jetzt daheim im Derby gegen Aue, eine Woche zuvor in Regensburg. Und Patrick Schmidt, der neue Leasingstürmer des 1.FC Heidenheim, hat als Mr. Dynamite schon sämtliche Herzen in der lautesten Fangemeinde Dynamos gewinnen können: Die Herzen der Menschen in der imposanten sogenannten „Gelben Wand“. Schmidt ist gelaufen, hat gekämpft und vor allem hat er getroffen. Lebenswichtige Tore erzielt.

Als ihm gegen den famosen Aue-Keeper Männel auch noch das Siegtor in einer Art und Weise glückt ist, wie dies wohl höchst selten in einer Profikarriere gelingen kann, hielt dies freilich niemanden mehr im Stadion auf seinem Sitzplatz.

Eigentlich gelten Fallrückzieher-Treffer dieser hohen Qualität, wenn sie also so spektakulär und wie aus einem Guss erzielt worden sind wie dieser von Patrick Schmidt, eine Domäne von Mittelstürmerkapazitäten wie Klaus Fischer oder – noch länger her – Uwe Seeler.

Patrick Schmidt und Dirk Lottner beim 1. FC Saarbrücken

Unter Dirk Lottner (r.) wurde Patrick Schmidt zum Regionalliga-Torjäger. ©Imago images/Eibner

Diese beiden Großmeister des deutschen Fußballs trugen ein Leben lang die Nr.9 auf dem Rücken ihrer Trikots, weil sie diese „9“ wie eine Mission durch die Welt trugen. Fabelhaft und trefflich zugleich: Patrick Schmidt trägt sie in Dresden auch.

„ Jeden Tag Stabilität: Dehnen, strecken, anspannen. ”
Dirk Lottner lobt die Professionalität des Torjägers

„Eine Zeitlang“, berichtet Dirk Lottner weiter, „wurde Patrick häufiger von Verletzungen gestoppt. Meist muskuläre Dinge.“ Ja, Leiden sind Lehren. Und Schmidt hat sie verstanden. Arbeitet fleißig, bewusst, professionell an seinen Körper.

„Jeden Tag Stabilitätsprogramm: Dehnen, strecken, anspannen. Die Übungsmatte daheim ist stets griffbereit“, stellt Lottner dem neuen Hoffnungsträger Dynamos ein gutes Zeugnis aus. Er kann das beurteilen, weil immer noch ein reger Austausch besteht.

In der Tat ist es so, dass bei allen vier Treffern, die diese beiden Siege möglich machten, Schmidt primär auf der Basis seines extrem guten Fitnesszustands zu punkten in der Lage war. Seine Treffer zum 1:1 gegen Aue sowie zuvor zum Ausgleich in Regensburg waren typische Mittelstürmer-Tore. Und voller Klassemerkmale: Der Sprintweg auf den sogenannten ersten Pfosten, das Positionieren zum anfliegenden Ball, dieses Zupacken und Verwerten, bevor der Gegner entscheidend stören kann.

Auch hier ist alles in höchstem Tempospiel und wie aus einem Guss geschehen. Und dann ist da auch Patrick Schmidt mit den Tugenden des großen Kämpfers aktiv: Als Regensburgs Verteidiger im eigenen Fünfmeterraum längst hätten die Gefahr beseitigen können, hat Schmidt – wacher, griffiger und gieriger als seine Gegenspieler – noch einmal Jagd nach dem Ball gemacht, ihn tatsächlich erobert und seinem Sturmpartner Makienok den Siegtreffer aufgelegt.

Zwei-Meter-Däne Makienok idealer Sturmpartner

Dieser Makienok hat einige Male in der Nationalmannschaft Dänemarks stürmen dürfen, ist Ende Januar von der Reservistenbank des niederländischen FC Utrecht gekommen, misst über zwei Meter und ähnelt mit dieser imposanten Statur Dortmunds Wunderkind Haaland. Indes: Ist bereits zehn Jahre älter.

Jetzt in Dresden scheint Makienok ein idealer Sturmpartner für Patrick Schmidt zu sein. Mit seiner körperlichen Präsenz vermag er die Abwehrspezialisten des Gegners derart intensiv von der Bewachung Patrick Schmidts abzulenken, dass der solche Treffer erzielen kann wie dies jüngst geschehen ist.

Im Gegensatz dazu ist es ja eigentlich mit diesen Nachverpflichtungen in der Winterpause so eine spezielle Sache. In solchen Situationen müssen Fußballspieler damit umgehen können, von einem Verein, einer Stadt und einer Region zu ihrem neuen Hoffnungsträger und wenn nicht gar zum Retter und Heilsbringer erkoren zu werden.

Sie müssen auf dem Spielfeld zum Messias erstrahlen, obwohl sie selbst nicht einschätzen können, zu welchem Leistungsvermögen sie gerade fähig sind. Denn schließlich sind sie in ihren bisherigen Tätigkeitsbereich als entbehrlich bewertet worden und somit nicht sonderlich häufig zum Einsatz gekommen. Ja, sie wurden nicht gebraucht, deshalb durften sie gehen.

Trotzt Dynamo dem Trend der schlechten Erfahrungen?

So treffen Fußballprofis ohne wettkampfgestählte Stabilität, ohne Rhythmus und Matchpraxis sowie ohne nachhaltige Erfolgserlebnisse und oftmals mit nur wenig Selbstvertrauen auf eine in großen Schwierigkeiten steckende und selbst keinerlei Festigkeit liefernde Baustelle des Fußballs.

Diese Konstellation ist kein menschlicher Makel, doch sie ist zumeist der Hauptgrund dafür warum die Idee mit diesen nachverpflichteten Hoffnungsträgern im Profifußball eher selten den erhofften Effekt erzielt.

Dies alles ist dem 1.FC Magdeburg vor genau einem Jahr passiert: Dort wurde erst der Trainer gewechselt (Oenning für Härtel), dann fünf neue Spieler nachverpflichtet. Und am Ende ist dabei nichts herumgekommen. Jetzt müssen die Magdeburger in der 3. Liga einen neuen Anlauf nehmen.

Doch Dynamo Dresden bietet nun zu alledem ein hoffnungsvolles Kontrastprogramm. Zwei Siege, vier Treffer, sechs Punkte und keine Zweifel: Dynamo lebt. Vor allem dank Patrick Schmidt, dem Mann mit den durchtätowierten Armen. Ja, so sehen eben heutzutage die wahren Kämpfer aus.

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