Holstein Kiel: Teamcheck 2018/19

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Freitag, 27.07.18 | 07:37
Kingsley Schindler und Steven Lewerenz feiern ein Tor für Holstein Kiel

Setzen Kingsley Schindler und Steven Lewerenz den Höhenflug mit den Störchen fort? ©Imago/Sven Simon

Nach 36-jährigem Aufenthalt in unteren Klassen hat sich Holstein Kiel furios in der 2. Bundesliga zurückgemeldet, die beinahe zur Durchgangsstation geworden wäre. Letztlich scheiterten die Störche aber als Tabellendritter in der Relegation am VfL Wolfsburg. Nichtsdestotrotz konnte das vergangene Spieljahr als großer Erfolg verbucht werden.

Erfolg hat aber bekanntlich seinen Preis. Trainer Markus Anfang erlag ebenso dem Werben der Konkurrenz wie mehrere Leistungsträger. Nach einem enormen Aderlass wird es für das neuformierte Team unter Anfang-Nachfolger Tim Walter kaum möglich sein, das Abschneiden der Vorsaison zu bestätigen. Doch wozu reicht es für die KSV Holstein? Im Teamcheck von Liga-Zwei.de beleuchten wir die Ausgangslage und geben unsere Einschätzung ab.

Kader & Transfers

Mit Trainer Anfang haben Abwehrchef Rafael Czichos und Spielmacher Dominick Drexler den Verein in Richtung 1. FC Köln verlassen. Beide hinterlassen ebenso eine riesige Lücke wie der vom FC St. Pauli nur ausgeliehene Marvin Ducksch, der sich als Torschützenkönig für den persönlichen Bundesliga-Aufstieg zu Fortuna Düsseldorf empfahl.

Die übrigen Abgänge fallen dagegen abgesehen vom als Offensivalternative wertvollen Aaron Seydel (war vom 1. FSV Mainz 05 ausgeliehen) nur bedingt ins Gewicht und boten die Chance auf eine Umgestaltung des Kaders. Auch wegen der Erfahrungen mit Ducksch und auch Seydel will man in Kiel das Kontingent der Leihspieler (zuletzt insgesamt sechs) künftig deutlich verringern.

Eine Ausnahme machte der neue Sportdirektor Fabian Wohlgemuth bislang nur für Flügelspieler Mathias Honsak, der von RB Salzburg ausgeliehen wurde. Alle anderen Neuzugänge wurden fest verpflichtet. Neben den gestandenen Innenverteidigern Stefan Thesker (Twente Enschede) und Hauke Wahl (FC Ingolstadt) sowie Drittliga-Torjäger Benjamin Girth (SV Meppen) kamen ausschließlich sehr junge Spieler.

Wie Honsak sind auch die Torhüter Dominik Reimann (Borussia Dortmund II) und Timon Weiner (FC Schalke 04 U19), Außenverteidiger Jannik Dehm (TSG 1899 Hoffenheim II), Innenverteidiger Tobias Fleckstein (FC Schalke 04 U19), Offensivmann Heinz Mörschel (1. FSV Mainz 05 II) und Angreifer Janni Serra (Borussia Dortmund II) maximal 22 Jahre alt.

Dafür bringen alle eine gute fußballerische Grundausbildung mit, die darauf hoffen lässt, dass um die verbleibende Achse mit Innenverteidiger Dominik Schmidt, Sechser David Kinsombi und Flügelspieler Kingsley Schindler eine neue, schlagkräftige Mannschaft wächst. Kinsombi allerdings droht zumindest den Auftakt verletzungsbedingt zu verpassen.

Die aktuelle Form

Im Rahmen eines Kurztrainingslager in Büsum gelang Holstein Kiel beim gastgebenden TSV Büsum ein lockerer 10:0-Kantersieg im ersten Testspiel, dem beim Hetlinger MTV ein Erfolg in gleicher Höhe folgte. Nach einem 4:0 beim SV Todesfelde taten sich die Störche dann beim 3:2 gegen den SC Weiche Flensburg 08 schon schwerer, ehe es ins zweite Trainingslager nach Bad Gögging ging.

Während des Trainingslagers setzte es mit einem 2:6 gegen Dynamo Moskau eine erste Niederlage, doch im letzten Test vor der Rückkehr in die Heimat gelang mit einem 1:0 beim VfR Aalen wieder ein Erfolgserlebnis.

Am kommenden Samstag steht nun in Eckernförde gegen den spanischen Erstliga-Absteiger FC Malaga die Generalprobe für den Saisonstart am 3. August beim Hamburger SV auf dem Programm.

Stärken & Schwächen

Vergangene Saison legte Kiel einen überragenden Saisonstart hin, von dem während einer langen Schwächephase mit elf sieglosen Spielen gezehrt werden konnte. Ein Stück weit lebten die Störche, die in der Rückrundentabelle nur noch Achter wurden, auch von der Aufstiegseuphorie, die nun aber kein Faktor mehr ist.

Große Lücken hinterlassen die Abgänge von Czichos in der Defensive sowie von Drexler und Ducksch, die zusammen auf 30 Tore und 22 Vorlagen kamen. Diese Verluste werden nicht ohne Weiteres zu kompensieren sein. Immerhin aber verbleibt noch ein solides Gerüst mit einem funktionierenden Spielsystem, das wieder zu einem Pluspunkt werden soll.

Weil die 71 Treffer, die mit Abstand meisten aller Teams in der Vorsaison, kaum zu wiederholen sein werden, muss zwangsläufig die Defensive für Stabilität sorgen. Das war bei aller Offensivwucht zumindest häufig der Fall und ein nicht unwesentlicher Grund dafür, dass nur sechs Spiele verloren wurden.

Lief es nicht rund, wurde oft wenigstens ein Punkt gerettet – 14 Unentschieden waren die zweitmeisten der Liga. Dass Absteiger Braunschweig mit 15 Remis die meisten Punkteteilungen aufwies, lässt in dieser Statistik aber auch eine gewisse Gefahr erkennen.

Tim Walter von Holstein Kiel

Gibt Tim Walter den Störchen eine neue Richtung vor? ©Imago/Agentur 54 Grad

Der Trainer

Nach dem Gewinn der B-Junioren-Meisterschaft 2017 mit dem FC Bayern München stieg Tim Walter zum Trainer der zweiten Mannschaft des Rekordmeisters auf, schaffte indes den erhofften Aufstieg in die 3. Liga nicht. Persönlich konnte sich der 42-Jährige aber dennoch für höhere Aufgaben empfehlen, tritt nun als Nachfolger von Erfolgstrainer Anfang aber in große Fußstapfen.

Walter setzt auf ein laufintensives Spiel, mit dem der Gegner permanent bearbeitet und bei Balleroberung schnell und zielstrebig in die Spitze gespielt werden soll. Generell will ähnlich wie Vorgänger Anfang mit viel Ballbesitz das Spiel kontrollieren und mit einer mutigen Herangehensweise das Spielgerät stets so schnell wie möglich zurückgewinnen.

Die mögliche Startelf

Den Eindrücken aus der Vorbereitung zufolge bleibt es auch unter dem neuen Trainer Walter beim bewährten 4-1-4-1, in dem einige Plätze umkämpft sind. Während Neuzugang Reimann Stammkeeper Kenneth Kronholm bedrängt, herrscht in der Innenverteidigung ein Dreikampf um zwei Plätze zwischen den Neuzugängen Wahl und Thesker sowie Schmidt.

Gerade Kronholm und Schmidt sind als verbliebene Leistungsträger der letztjährigen Erfolgself in der Anfangsformation zu erwarten – ebenso wie Kinsombi, Schindler und Alexander Mühling im offensiven Mittelfeld sowie Routinier Johannes van den Bergh auf der linken Abwehrseite. Kinsombi könnte zum Start verletzungsbedingt durch Dominic Peitz vertreten werden.

Die voraussichtliche Startelf: Kronholm – Herrmann, Schmidt, Wahl, van den Bergh – Peitz – Schindler, Mühling, Mörschel, Lewerenz – Girth

Fazit & Prognose

Holstein Kiel steht vor einer schwierigen Saison. Die Abgänge von gleich drei absoluten Leistungsträgern sind nicht ohne Weiteres zu kompensieren und auch mit ihrer Spielweise werden die Störche, die schon in der Rückrunde deutlich weniger punkteten, niemanden mehr überraschen.

Wir erwarten die KSV im unteren Tabellendrittel, wo ein langer Abstiegskampf drohen könnte. Denkbar, dass die Spielweise dafür dann modifiziert werden muss. Weil ein solider Kern erhalten bleibt und nicht wenige der Neuen Potential mitbringen, kann der Klassenerhalt aber gelingen.

Das meint der Experte

Liga-Zwei.de Kolumnist Nico Patschinski: „Die große Unbekannte nach der Euphorie im letzten Jahr. Der neue Trainer kann aber auch für einen Push sorgen. Platz drei wird nicht zu halten sein, sie werden sich im Tabellenmittelfeld wiederfinden.“

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