Chapeau, Christian Kühlwetter

Die besondere Leistung des 8. Spieltags

Autor: Luis Hagen Veröffentlicht: Dienstag, 24.11.2020 | 10:00
Christian Kühlwetter jubelt mit Marc Schnatterer

Christian Kühlwetter (m.) ist in Heidenheim gut angekommen. ©Imago images/Eibner

Wer den Alltag, die Arbeit und die Ansprüche als Fußballprofi des 1. FC Heidenheim zu bewältigen hat, steht nicht in der Verantwortung eine Vergnügungssteuer leisten zu müssen. Wer bei Frank Schmidt hoch oben am Schlossberg dauerhaft punkten möchte, muss Charakter zeigen, Mentalität einbringen, darf niemals nachlassen und vor allem muss er schnellstens wieder aufstehen, wenn er und überhaupt alles am Boden zu liegen scheint.

Wer das alles wie aktuell beim 2:2 in Kiel und sogar dauerhaft hinbekommt, dem wird es gelingen, einen festen Platz im Fußball-Herz des Trainers Frank Schmidt zu erobern. Christian Kühlwetter ist auf dem besten Weg dazu, erzielte im Heidenheimer Endspurt beide Treffer und machte seinem Namen dabei alle Ehre:

In der 87. Spielminute hat er eiskalt den Strafstoß unter die Torlatte gehämmert und in der 4. Minute der Nachspielzeit ebenso betriebsbereit von der Strafraumgrenze zentral die Kieler Kopfballabwehr zu einem Direktschuss genutzt. Der Ball ist flach durch den Sechszehner gerollt und rechts unten neben dem Pfosten im Kieler Tor gelandet. „Gott sei Dank ging keine Fußspitze mehr dazwischen“, rief Kühlwetter danach ins Mikrofon des NDR-Hörfunks.

Hinein in die Güteklasse der Griesbeck, Dorsch und Kleindienst

„Vier Minuten Nachspielzeit waren viel zu wenig“, beklagte Heidenheims Macher Frank Schmidt nachher in der Pressekonferenz. Er merkte dies wohl an, weil Kühlwetters Antriebskraft kein Ende zu nehmen schien. Wer weiß also, was noch hätte geschehen können, wenn Kühlwetter noch ein wenig mehr Zeit geblieben wäre.

Das war der achte Auftritt des Christian Kühlwetter in der 2. Bundesliga und diesmal – dank seiner Saisontreffer fünf und sechs – ein ganz besonderer: Er lässt den Neuen vom 1. FC Kaiserslautern aufrücken in die Güteklasse des 1. FC Heidenheim und in die der 2. Bundesliga generell.

Einen solchen Status kann sich Marc Schnatterer sicher sein, so lange er noch das FCH-Trikot mit der Nr. 7 tragen mag. Und er wurde verkörpert von Sebastian Griesbeck, der mehrere Jahre als Schmidts Vorzeigekämpfer im Heidenheimer Mittelfeld aktiv gewesen ist. Und die Qualität wurde zuletzt stabil getragen von diesem Kimmich-Typus Niklas Dorsch sowie von Tim Kleindienst.

Pressing und Verteidigung, sobald es nichts zu erstürmen gibt

Der galt bisher als jener Musterstürmer, der maßgeschneidert schien für Frank Schmidt und Heidenheims Fußball. Denn Kleindienst hat nicht nur vorn getroffen, sondern sich immer auch in den Dienst der Mannschaft gestellt. Hat immer mitverteidigt, mit entschlossenem Pressing Jagd nach dem Ball betrieben, sobald es für ihn selbst nichts zu erstürmen gab. Christian Kühlwetter macht das bereits genauso gut und seinen neuen Trainer nun rundum glücklich.

Denn dies ist das, was Schmidt von seinen Offensivkräften einfordert. Bedingungslos, konsequent, alternativlos. So manch Angreifer ist an dieser Aufgabe in Heidenheim an der Brenz gescheitert, obwohl Talent und Treffer andere Perspektiven aufzuzeigen schienen. Griesbeck (zum 1. FC Union Berlin) sowie Dorsch und Kleindienst sind nun nicht mehr dabei in Heidenheim und mit ihnen gingen stabile Mentalitäts-Impulse für sein Team verloren, die Frank Schmidt in seinem Plan für unersetzlich hält.

Einen Bruchteil der Einnahmen für die ins belgische Gent abgewanderten Dorsch und Kleindienst hat der Verein reinvestiert und mit der Personalie Kühlwetter bereits in Schwarze getroffen.

Wer Christian Kühlwetter beobachten konnte, wie er in Kiel den 0:2-Rückstand beinahe im Alleingang aufzuholen bereit war, wie er nicht locker ließ, wie besessen er an den Ketten zerrte und dann seine beiden Treffer erzielen konnte, dies alles trug jene besonderen Merkmale, die Frank Schmidt so sehr mag. So ist Schmidt inzwischen der Meinung, mit Kühlwetter wieder einen Stürmer zu haben, „der auch dann noch treffen kann, wenn der Gegner damit nicht mehr rechnet“, wie er in der PK zum Match in Kiel lobte.

Ins Blickfeld der Heidenheimer und seines neuen Trainers ist Kühlwetter auf dem Betzenberg gestürmt. Dort hat sich Schmidt häufig umgesehen und zum Beispiel Robert Glatzel für sich entdecken können. Vor anderthalb Jahren hat Glatzel mit drei Treffern beinahe den FC Bayern aus dem DFB-Pokal geschossen. Doch dann konnte Lewandowski das Spektakel doch noch sehr spät dank eines Elfmetergeschenks zum 5:4 mit dem gewohnten Ende abschließen.

„ Kühlwetter ist ein Monster voller Mentalität ”
Sascha Hildmann

Beim 1.FC Kaiserslautern war Sascha Hildmann eine Zeitlang sein Trainer. In 63 Spielen in der 3. Liga hat Kühlwetter dort insgesamt 26 Tore erzielen können. Bei zwölf Treffern stand er obendrein als Vorlagengeber Pate. Eine starke Quote für einen, den Hildmann auch gern einmal der Position des Achters platzieren mochte.

Sascha Hildmann klatscht mit Christian Kühlwetter ab

Sascha Hildmann konnte sich beim FCK stets auf Christian Kühlwetter verlassen. ©Imago images/Thomas Frey

„Christian hat eine unfassbar professionelle Einstellung, hat viel Energie, ist jederzeitig umtriebig, körperlich robust und dennoch immer in Bewegung“, berichtet Sascha Hildmann im Gespräch mit Liga-Zwei.de. Hildmann ist aktuell damit beschäftigt, den Neuanlauf von Preußen Münster zu gestalten und es gelingt ihm offenbar gut. Preußen steckt mitten im Aufstiegs-Dreikampf mit den Jungstars von Borussia Dortmund und mit RW Essen.

Hildmann hat einst mit Frank Schmidt gemeinsam für Alemannia Aachen gespielt, als dort die 2. Bundesliga ein stabiles Aktionsfeld war. Ihm ist also bestens vertraut, auf welche Fähigkeiten Heidenheims Trainer bei seinen Spielern nicht verzichten mag. „Kühle, wie wir ihn rufen, ist ein Monster. Ein Monster voller Mentalität. Er ist ein Arbeiter auf dem gesamten Spielfeld und ein Wühler in vorderster Front. Mit alledem passt Christian punktgenau nach Heidenheim“, beschreibt Hildmann mit Begeisterung.

Vertrag bis 2024: Nachtigall, ick hör dir trapsen

Das alles ist Christian Kühlwetter angeboren. Doch was er im intensiven Heidenheimer Übungsprogramm neu erlernt hat und was ihn somit insgesamt noch besser macht, skizziert der Fußball-Lehrer Sascha Hildmann so: „Christian hat sich balltechnisch enorm verbessert: Beim Erstkontakt, bei der Ballmitnahme und der Ballsicherung macht er großartige Fortschritte.“

So geschehen nun beim Match in Kiel. Eine seiner Spezialitäten ist der Robben-Move: Von rechts entschlossen in die Spielfeldmitte eindringen und dann den Ball gekonnt mit dem linken Fuß ins lange Eck befördern. Ja, auch Kühlwetter hat dieses Vorgehen in seinem Repertoire.

Zum zweiten Male nach dem 1:1 in Osnabrück hat Kühlwetter als Torschütze eine Niederlage verhindert. Er trägt in Heidenheim das Trikot mit Nummer 24 und bis 2024 läuft auch sein Vertrag dort.

Rund 10 Millionen Euro soll der clevere FCH-Boss Holger Sanwald den Amtskollegen von Cardiff City als Entschädigung für Glatzel abgerungen haben. Vier Jahre also haben sich die Heidenheimer die Dienste von Kühlwetter nun sogleich sichern können. Nachtigall, ick hör dir trapsen. Denn Christian Kühlwetter, der wird alles geben, um weiterhin verlässlich zu treffen.

 

TIPP der Redaktion: Wo landet der 1. FC Heidenheim in dieser Saison? Jetzt Sportwetten Vergleich anschauen & besten Wettanbieter für deine Wetten auf den FCH finden!