Chapeau, Daniel Keita-Ruel

Die besondere Leistung des 1. Spieltags

Autor: Luis Hagen Veröffentlicht: Dienstag, 22.09.2020 | 09:30
Daniel Keita-Ruel gegen Darmstadt.

Daniel Keita-Ruel schoss den SV Sandhausen mit drei Toren im Alleingang zum Sieg über Darmstadt. ©imago images/foto2press

Holger Pfandt griff sogleich ins allerhöchste Regal der Etikettierungen. Als der Sky-Reporter den großen Tag des neuen Stürmers im Trikot des SV Sandhausen nicht allein nur hervorheben, sondern spektakulär auf den Punkt bringen mochte, rief er in freudigster Stimmung in sein Mikrofon: „Daniel Keita-Ruel ist der Serge Gnabry der 2. Bundesliga.“

Der erfahrene TV-Präsentator dieser Spielklasse ließ dabei durchaus anklingen, dass er mit dieser Würdigung keineswegs allein die stolze Anzahl der drei erzielten Treffer wertschätzen mochte.

Vielmehr noch scheint die Art und Weise, wie der Mann mit der Nr. 9 auf dem Trikot-Rücken seine neuen Teamkollegen mit seinem Dreierpack zum Drei-Zähler-Start über Darmstadt 98 gesteuert hat, der Impuls dafür zu sein, diese schneidige Parallele formuliert zu haben.

Volley, souverän & eiskalt

Denn Sandhausen liegt 0:1 hinten, als nacheinander dies geschieht: Sandhausen gleicht aus, weil sich Keita-Ruel im Stile eines asiatischen Kampfsport-Akrobaten der Darmstädter Bewachung entzieht und im Kamikaze-Sprung den weiten Flugball des ebenso neuen Kollegen Diego Contento mit der Außenseite seines rechten Fußes erwischt und volley ins Tor befördert. Contento übrigens war einst ein Jahrzehnt lang bei Bayern München in die Ausbildung gegangen.

Sandhausen liegt 2:1 vorn, weil Keita-Ruel im Elfmeter-Duell mit Darmstadts Marcel Schuhen souverän die richtige Torecke wählt. Und Sandhausen führt gar 3:1, weil Keita-Ruel am Strafraum erfolgreich auf Darmstädter Missverständnisse im neu verordneten, risikoreichen Spielaufbau spekuliert. Schnappt also seinem Kontrahenten Patric Pfeiffer den Ball weg und versetzt Schuhen eiskalt.

Kein Zweifel: Auch Serge Gnabry, der einen Tag zuvor sein persönliches 3-Tore-Festival feierte, hätte diese Aufgaben nicht listiger, geschmeidiger und effektiver bewältigen können.

Vor zwei Jahren um diese Zeit war Sandhausens Trainer Uwe Koschinat noch bei Fortuna Köln in der 3. Liga aktiv und wusste gerade nicht so recht, ob er den Verlust seines besten Torschützen auffangen werde. Der hieß auch dort Daniel Keita-Ruel und war soeben zur SpVgg Greuther Fürth in die 2. Bundesliga gewechselt.

über Keita-Ruels Leistung gegen Darmstadt
„ Daniel ist nicht allein seiner Tore wegen ein großer Gewinn für unser Spiel ”
Uwe Koschinat

Im nächsten Monat sind punktgenau zwei Jahre rum, in denen Koschinat als Trainer und Entwickler in Sandhausen die Regeln bestimmt. Über den fulminanten Einstand seines 31 Jahre alten Neuzugangs mit Liga-Zwei.de sprechen zu können, gefällt Koschinat.

Auch, um einmal dies klarzustellen: „Daniel ist nicht allein seiner Tore wegen ein großer Gewinn für unser Spiel. Der Bursche rackert nicht allein für sich und seine Tore. Nein, er arbeitet sich für das gesamte Team ab, kämpft voller Hingabe genauso fokussiert im Rückwärtsgang“, beschreibt Koschinat die Gründe, warum er nun auch beim SV Sandhausen aufs Neue mit Keita-Ruel an die Arbeit gegangen ist.

Uwe Koschinat an der Seitenlinie.

Seit rund zwei Jahren sagt Uwe Koschinat am Hardtwald, wo es langgeht. ©imago images/foto2press

Und hier sind sie nun wieder vereint: Der Angreifer, der die besonderen Tore erzielt und der Trainer mit dem besonderen Zugang in ein ganz spezielles und lange Zeit hochkompliziertes Fußballerleben.

Denn als noch niemand wissen konnte, ob es sich zum Guten wenden würde, ist Uwe Koschinat für Keita-Ruel da gewesen, hat ihm das Vertrauen ausgesprochen, bei Fortuna Köln einen Vertrag gegeben und ihn in die Öffentlichkeit geschubst.

Stolz bei Koschinat

„Zweite Chance“, heißt wohl auch deshalb der bei Kiepenheuer & Witsch erschienene Buchtitel darüber, wie Keita-Ruel sein Leben umgekrempelt hat: Vom kriminellen Straftäter im Wuppertaler Nachtleben zum gefährlichen Torjäger. Erst in der Kölner Südstadt, dann am Fürther Ronhof und nun in Sandhausen im waldigen Land des Neckar.

Ja, der Hauptdarsteller geht offen um mit seiner Vergangenheit. Gar scheint es so, als kokettiere er mit ihr. Doch warum auch nicht? „Es ist doch soweit alles perfekt für den Jungen gelaufen“, bemerkt Koschinat. Dass dabei ein Hauch von Stolz hörbar wird, gilt allemal als gerechtfertigt.

über dessen zwei Jahre in Fürth
„ Daniel war im Fürther Kombinations-Fußball niemals vollends glücklich. ”
Uwe Koschinat

Die SpVgg Greuther Fürth hat ihren Premiumstürmer der letzten zwei Jahre ziehen lassen, obwohl sich dessen Quote zum Mäkeln nicht einmal eignet: 19 Treffer in 59 Spielen in der 2. Bundesliga konnte Daniel Keita-Ruel dort verbuchen. Doch nur vier Assists bestätigen freilich eine andere These: „Daniel war im Fürther Kombinations-Fußball niemals vollends glücklich“, berichtet Koschinat.

Und weil die Entscheider am Ronhof wohl ebenso fühlten, sind vorhandene Optionsansprüche nicht zum Tragen gekommen. Doch so ist Uwe Koschinat zurück ins Spiel gekommen, weil er immer nahe dran geblieben ist am Thema Keita-Ruel.

Vorfreude auf das Duo Keita-Ruel & Behrens

Jetzt arbeitet der Kreativdirektor des SV Sandhausen am nächsten Schritt: An der Harmonie seines neuen Angriffsduos. Diesmal noch hat Kevin Behrens wegen einer Oberschenkelprellung gefehlt. Ohne ihn konnte Keita-Ruell mit drei Treffern brillieren.

Doch Koschinat freut sich darauf, mit beiden Hoffnungsträgern auf Torjagd gehen zu können. „In meinem Verständnis von Offensivfußball braucht es diesen Typus des Prellbocks, der mit voller Körperlichkeit, mit viel Wucht und bedingungslosem Einsatz das Angriffszentrum ausfüllt“, stellt Koschinat gern klar.

über den Menschen Daniel Keita-Ruel
„ Daniel schwatzt nicht lange darüber, was er so alles vorhat. Stattdessen handelt er einfach. ”
Uwe Koschinat

14 Ligatreffer hat Behrens in der vorigen Spielzeit erzielen können. So hegt Koschinat auch keinerlei Zweifel daran, dass künftige gemeinsame Auftritte zu einem weiteren Mehrwert führen werden: „Das sind zwei Stürmer punktgenau jenes Typus, gegen den kein Verteidiger in der 2. Bundesliga gerne spielen mag“, feixt Koschinat.

Schließlich hatte er Liga-Zwei.de schon direkt nach dem vorigen Saisonende im Juli verraten, dass er am liebsten zwei von der Sorte Kevin Behrens in Sandhausen erleben würde. Jetzt hat sie und warum die Wahl auf Daniel Keita-Ruel gefallen ist, beschreibt Uwe Koschinat auch noch so: „Daniel schwatzt nicht lange darüber, was er so alles vorhat. Stattdessen handelt er einfach. Das gefällt mir.“

Uns freilich auch, wie unser erster Chapeau in dieser Spielzeit zeigt.

 

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