Greuther Fürth Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Donnerstag, 20.07.23 | 12:10
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Weiterhin ein Schlüsselspieler: Branimir Hrgota. © picture alliance / Eibner-Pressefoto | Michael Bermel

Als sich die SpVgg Greuther Fürth im Sommer 2022 nach einjährigem Bundesliga-Abenteuer in Liga zwei zurückmeldete, war Realismus an der Tagesordnung und nicht die Rede vom direkten Wiederaufstieg. Dass man am Ronhof damit gut beraten war, zeigte sich rasch und letztlich gelang es erst mit dem Trainerwechsel von Marc Schneider zu Alexander Zorniger ein solides Level zu erreichen, das am Ende Platz zwölf ergab.

Auch vor der neuen Saison gibt es aus Fürth keine forschen Ansagen. Vielmehr liegt der Fokus auf einer allgemeinen Weiterentwicklung. Wie die Chancen in dieser Hinsicht stehen und wie das Kleeblatt generell aufgestellt ist, analysieren wir in unserem Teamcheck.

Kommen & Gehen

Obwohl die Hoffnung auf eine verlängerte Zusammenarbeit vorhanden war, musste die SpVgg mit Marco John (TSG 1899 Hoffenheim) und Ragnar Ache (Eintracht Frankfurt) zwei Leihspieler ziehen lassen, wobei die Hoffnung auf eine Rückkehr Aches zumindest noch auf kleiner Flamme köchelt.

Mit Max Christiansen (Hannover 96), Tobias Raschl (1. FC Kaiserslautern) und Sebastian Griesbeck (Eintracht Braunschweig) zogen gleich drei zentrale Mittelfeldspieler – wobei Griesbeck überwiegend als Innenverteidiger eingesetzt wurde – zu Ligarivalen weiter, die allesamt größere Lücken hinterlassen als Afimico Pululu (Jagiellonia Biaystok), Nils Seufert (SV Ried), Robin Kehr (Karriereende) und der zuletzt schon an Hatayspor verliehene Jeremy Dudziak (Hertha BSC).

Neben Innenverteidiger-Talent Maximilian Dietz aus der eigenen Regionalliga-Mannschaft stehen sieben Akteure neu im Kader, von denen nur Angreifer Dennis Srbeny (SC Paderborn) nicht das Etikett „jung und entwicklungsfähig“ trägt. Allerdings kamen mit Torwart Jonas Urbig, Offensivspieler Tim Lemperle (beide 1. FC Köln) und Mittelfeldmann Robert Wagner (SC Freiburg) drei große Talente wieder nur auf Leihbasis und verbunden mit der Gefahr, in einem Jahr gereifte Akteure ohne Gegenleistung wieder zu verlieren.

Wie Srbeny wurden derweil Orestis Kiomourtzoglou (Heart of Midlothian) und Jomaine Consbruch (Arminia Bielefeld) für das zentrale Mittelfeld ebenso fest verpflichtet wie Linksverteidiger Kerim Calhanoglu vom FC Schalke 04.

So lief die Vorbereitung

Mit standesgemäßen Siegen in der Region beim 1. FC Herzogenaurach (6:0), beim FC Coburg (7:0) und bei der SpVgg Ansbach (5:2) hat Greuther Fürth die Vorbereitung begonnen, bevor der erste Härtetest gegen den polnischen Erstligisten Gornik Zabrze (4:4) turbulent geriet. Am vergangenen Freitag wurde dann gegen den FC Zürich mit 2:3 verloren.

Der finale Test steigt am Montag gegen den FC Liverpool, allerdings aus Fansicht bitter unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Stärken & Schwächen

Unter Trainer Zorniger konnte die SpVgg ihren Gegentorschnitt in der vergangenen Saison von 1,79 auf 1,25 pro Partie signifikant verbessern, aber dennoch war in dieser Hinsicht gerade in der Rückrunde wieder Luft nach oben vorhanden. Ebenso in den Testspielen gegen Zabrze und Zürich, als doch einige Schwächen in der Rückwärtsbewegung zutage traten. Dass die Mannschaft insgesamt recht jung ist, hat zwar angesichts des vorhandenen Entwicklungspotentials definitiv positive Seiten, birgt hinsichtlich der Stabilität indes auch Risiken in sich.

Während defensiv noch Baustellen vorhanden sind, präsentierte sich das in der vergangenen Saison teilweise etwas leicht ausrechenbare Spiel nach vorne in den Tests spürbar verbessert. Die Neuzugänge Lemperle und Srbeny erweisen sich bislang als belebende Elemente und könnten zusammen mit Kapitän Branimir Hrgota, dessen Klasse über jeden Zweifel erhaben ist, ein gefährlicheres Offensivtrio bilden.

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Geht in seine erste komplette Saison mit dem Kleeblatt: Alexander Zorniger. © picture alliance / Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

Der Trainer

Nach seinen Station bei RB Leipzig (Juli 2012 bis Februar 2015) und beim VfB Stuttgart (Juli bis November 2015) ist Alexander Zorniger für nicht ganz so intensive Beobachter der Fußballszene ein Stück weit von der Bildfläche verschwunden, feierte aber in kleineren Ländern beachtliche Erfolge. In Dänemark wurde der 55-Jährige mit Bröndby IF 2018 Pokalsieger und auf Zypern führte Zorniger Apollon Limassol 2022 zur Meisterschaft.

Dennoch folgte im August 2022 die Entlassung auf Zypern. Zwei Monate später folgte Zorniger dem Ruf des im hinteren Tabellendrittel nach Halt suchenden Kleeblatts und schaffte es rasch, die Mannschaft zu stabilisieren. Wie auf seinen vorherigen Stationen steht Zorniger auch in Fürth für aggressives Pressing und ein mutiges Spiel, wofür der gebürtige Schwabe nun erstmals einen Kader zusammenstellen konnte.

Der potentielle Shooting-Star

Mit der Referenz von immerhin zwei Toren in 26 Bundesliga-Spielen für den 1. FC Köln, allesamt als Joker, kam Tim Lemperle an den Ronhof – und mit der Hoffnung, anders als bei den Geißböcken regelmäßig und am besten auch von Anfang an zu spielen. In der Vorbereitung deutete der 21-Jährige, dem beim FC teilweise fehlende Bodenhaftung nachgesagt wurde und der so vor einem Jahr eine Ausleihe in die 2. Liga noch abgelehnt hatte, seine Qualitäten bereits an.

Lemperle verfügt über die nicht unbedingt häufige Kombination aus einer stattlichen Körpergröße von 1,89 Meter und einem hohen Tempo, zudem über gewisse Qualitäten auch im Eins-gegen-eins. Der zweifache U21-Nationalspieler besitzt somit gute Voraussetzungen, um durchzustarten und sich damit auch für eine Zukunft in Köln zu empfehlen, wo sein Vertrag noch bis 2025 läuft.

Die mögliche Startelf

Urbig – Haddadi, Jung, Itter – Asta, Wagner, Green, Calhanoglu – Hrgota – Lemperle, Srbeny

Fazit & Prognose

Greuther Fürth vereint eine Menge Talent im Kader, dem unserer Einschätzung nach aber gerade im Defensivbereich die erfahrenen Eckpfeiler fehlen. Ob Gideon Jung, Damian Michalski oder Oussama Haddadi nach einem jeweils aus unterschiedlichen Gründen wechselhaften Jahr dem Team von hinten heraus Sicherheit verleihen können, bleibt auch mit Blick auf die Testspiele abzuwarten. So rechnen wir mit dem Kleeblatt trotz einer spannenden Offensivabteilung eher im Mittelfeld, tendenziell sogar erneut in der unteren Tabellenhälfte.