Hannover 96 Teamcheck
Analyse & Prognose zur neuen Saison
Als Tabellenfünfter der Hinrunde durfte sich Hannover 96 an Weihnachten 2022 durchaus noch Hoffnungen ausrechnen, ins Aufstiegsrennen eingreifen zu können. Dann allerdings spielten die Niedersachsen die drittschwächste Rückrunde aller Vereine und mussten sich mit einem gemessen an den Erwartungen enttäuschenden zehnten Platz zufrieden geben.
Dennoch und obwohl die ganz großen Kaderveränderungen ausgeblieben sind, sieht man sich bei 96 gut aufgestellt und dazu in der Lage, 2023/24 mehr Konstanz an den Tag zu legen und am Ende besser abzuschneiden. In unserem Teamcheck beschäftigen wir uns eingehend mit den Roten und wagen abschließend dann auch eine Prognose.
Kommen & Gehen
Neun Spieler haben Hannover 96 im Sommer verlassen, darunter allerdings mit Lawrence Ennali (Gornik Zabrze) und Simon Stehle (noch ohne neuen Verein) zwei zuletzt bereits verliehene Profis sowie mit Gaël Ondoua (Servette Genf), Ekin Celebi (Rot-Weiss Essen), Sebastian Stolze (SV Sandhausen) und Tim Walbrecht (noch vereinslos) weitere Akteure, die nahezu keine Rolle spielten.
Schmerzhaft hingegen ist der Abgang von Maximilian Beier, der nach zwei Leihjahren bei 96 künftig eine Klasse höher bei der TSG 1899 Hoffenheim durchstarten soll. Hendrik Weydandt (Karriereende) und Sebastian Kerk (noch ohne neuen Klub) gehörten zumindest zum erweiterten Kreis der ersten Elf, hinterlassen indes keine allzu großen Lücken.
Fest verpflichtet werden konnte derweil der zuvor vom FC Bayern München nur ausgeliehene Bright Arrey-Mbi, der sein Potential schon angedeutet hat, für einen Stammplatz in der Abwehrreihe aber beständiger in seinen Leistungen werden muss. Gesetzt in der zu erwartenden Dreierkette ist Marcel Halstenberg, dessen Rückkehr von RB Leipzig der absolute Königstransfer ist und knapp zwei Wochen vor dem Saisonstart für Euphorie sorgte.
Auch von Brooklyn Ezeh, der beim SV Wehen Wiesbaden zu den besten Linksverteidigern der 3. Liga gehörte, darf man einiges erwarten. Auf Sicht ebenso von Mittelfeldtalent Marius Wörl (TSV 1860 München), der mit 19 Jahren schon Stammkraft in der 3. Liga war. Mit Max Christiansen (SpVgg Greuther Fürth) hat Wörl allerdings erst einmal einen gestandenen Neuzugang vor sich, der im defensiven Mittelfeld für mehr Stabilität sorgen soll.
Komplettiert wird die Riege der bisherigen Neuzugänge, die noch um einen hochkarätigen Stürmer erweitert werden soll, vom 18-jährigen Torhüter Leon-Oumar Wechsel (SV Rödinghausen) und vom auch nur ein Jahr älteren Eigengewächs Yannick Lührs, der freilich bereits während der vergangenen Saison in den Profikader hochgezogen wurde und zu ersten Einsätzen gekommen ist.
So lief die Vorbereitung
Nach Auftaktsiegen beim SV Ramlingen-Ehlershausen (3:0) und beim VfV 06 Hildesheim (4:0) wurden die Gegner von Hannover 96 während der Vorbereitung schnell stärker, bei gleichbleibend guten Ergebnissen. Einem 2:1-Sieg bei Holstein Kiel folgten im Trainingslager in Saalfelden in 120 Minuten ein 2:2 gegen die SpVgg Unterhaching sowie in je 45 Minuten Siege gegen den 1. FC Köln (1:0) und Gornik Zabrze (3:0). Am vergangenen Mittwoch wurde die gute Frühform mit einem 3:0 gegen den MSV Duisburg unterstrichen.
Zur Generalprobe erwartet Hannover im Rahmen der offiziellen Saisoneröffnung am Samstag den FC Villarreal zu einem echten Härtetest.
Stärken & Schwächen
Der Kader weist auf einigen Positionen überdurchschnittliche Qualität auf. Spieler wie Ron-Robert Zieler, Rückkehrer Halstenberg oder Louis Schaub, der freilich erst in der Rückrunde der vergangenen Saison aufblühte, können mit ihrer Klasse den Unterschied ausmachen. Auch der linke Schienenspieler Derrick Köhn verfügt im Spiel nach vorne über herausragende Fähigkeiten, muss in der Rückwärtsbewegung aber zulegen – sofern es nicht doch noch zu einem Wechsel kommt.
Das gilt generell für die Offensive, die mit Beier einen wichtigen Spieler verloren hat, dessen Abgang aber noch k0mpensiert werden soll. Bis dahin müssen Cedric Teuchert, Havard Nielsen und Youngster Nicolo Tresoldi für die nötigen Tore sorgen, unterstützt von Schaub, aber auch den Reihen dahinter.
Außer Frage steht, dass sich die 55 Gegentore der vergangenen Saison nicht wiederholen dürfen, will 96 in der Tabelle weiter oben mitmischen. Schlägt Halstenberg wie erhofft ein, besteht aber die realistische Hoffnung, dass an der Seite des Ex-Nationalspielers junge Spieler wie Arrey-Mbi oder der in der Vorbereitung als linkes Glied der Dreierkette zum Einsatz gekommene Ezeh schneller reifen.
Der Trainer
Nach dreieinhalb Jahren bei der SpVgg Greuther Fürth, die mit dem Bundesliga-Aufstieg 2021 und trotz des direkt folgenden Wiederabstieges eine Erfolgsgeschichte waren, schlug Stefan Leitl im Sommer 2022 ein neues Kapitel in seiner Trainerkarriere auf. Bei Hannover 96 kam der gebürtige Münchner, der einst unter anderem für den 1. FC Nürnberg und den FC Ingolstadt spielte, in ein größeres Umfeld, dort aber dennoch auf Anhieb gut zurecht.
Als in der Rückrunde der Abwärtstrend einsetzte, bewahrte Leitl trotz der wachsenden Kritik auch an seiner Person die Ruhe und schaffte ein einigermaßen versöhnliches Saisonende. Dennoch steht der 45-Jährige vor seiner zweiten Saison als 96-Coach unter Beobachtung. Obwohl Sportdirektor Marcus Mann hinter Leitl steht und dem Trainer auch in der schwierigen Phase im Frühjahr den Rücken stärkte, würde eine erneute Negativserie über einen längeren Zeitraum hinweg wohl nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Der potentielle Shooting-Star
Auf Nicolò Tresoldi hält man bei Hannover 96 nicht grundlos große Stücke. Der in Cagliari geborene Deutsch-Italiener, der in acht Spielen für die deutsche U19 drei Tore erzielt hat, wird im August zwar erst 19 Jahre alt, kann aber schon auf 13 Zweitliga-Einsätze zurückblicken. Noch konnte Tresoldi seine in Testspielen schon mehrfach unter Beweis gestellte Treffsicherheit zwar im Liga-Alltag nicht bestätigen, doch ist in Hannover die Hoffnung groß, dass der Knoten beim nicht grundlos bis 2026 gebundenen Sturmtalent bereits in der Spielzeit 2023/24 platzt.
Die mögliche Startelf
Zieler – Neumann, Halstenberg, Ezeh – Muroya, Kunze, Christiansen, Köhn – Schaub – Nielsen, Teuchert
Fazit & Prognose
Hannover 96 hat sich gemessen an der Kaderqualität schon vergangene Saison unter Wert verkauft. Kommt zu den bisherigen Verstärkungen, für die vor allem Halstenberg und Christiansen stehen, noch der gesuchte Torgarant hinzu, ist mit der Leitl-Elf im vorderen Drittel zu rechnen. Platz vier bis sechs halten wir für durchaus realistisch. Mehr nur, wenn Spielmacher Schaub eine konstant starke Saison spielt und der neue Stürmer richtig einschlägt.