KSC vs VfB: Es braucht Mut, Mut und nochmals Mut

Wolfgang Rolff über das Derby seiner Ex-Klubs

Autor: Luis Hagen Veröffentlicht: Samstag, 13.06.2020 | 16:30
Wolfgang Rolff (l.) und Winnie Schäfer.

KSC-Legende Winnie Schäfer (r.) und sein Leitwolf Wolfgang Rolff. ©imago images/Kicker/Liedel

Neulich ist Wolfgang Rolff daheim in Köln in der Nacht aufgewacht. Mitten aus einem Traum heraus. Es war der Traum, in einem vollbesetzten Stadion zu sitzen und bei einem rasanten und packenden Fußballspiel live dabei sein zu können.

Wie Wolfgang Rolff von diesem Traum so berichtet, lässt er seinen Zuhörer an Themen wie Verlangen, Abstinenz und gar Entzug denken. Denn ein Fußballtrainer, der erstmals in seinem Leben schon eine Zeitlang ohne Job ist und der einst als Profi eine internationale Karriere auf die Bühne des großen Fußballs bringen konnte, muss den Stadionbesuch wohl besonders schmerzlich vermissen. Rolff leidet mindestens genauso sehr wie die Fangemeinde auf den Stehtribünen.

Die Daumen für den KSC sind gedrückt

Zum Beispiel wie die des schwäbisch-badischen Derbys am Sonntag im Wildpark zu Karlsruhe. Das ist wieder so ein Match, zu dem er sich besonders gern auf den Weg machen würde. „Der VfB hat ein riesiges Potenzial an großartigen Einzelspielern und dennoch kann der KSC dieses Match gewinnen“, sagt Rolff.

Klingt so, als sei her der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn wie in Gottes Namen soll denn dies geschehen angesichts des aktuellen Stands der Dinge? Dies möchte Liga-Zwei.de von Wolfgang Rolff erfahren. Und der hat sich das so überlegt:

über seinen Matchplan für den KSC
„ Also, Leinen los mit voller Unterstützung für Hofmann. ”

„Der Karlsruher SC hat eine riesengroße Chance, das Match zu gewinnen, wenn er sich diesmal endlich einmal nicht den Mut nehmen lässt, bedingungslos auf Offensive zu gehen. Denn wem keine Unentschieden mehr sonderlich hilfreich sind und wen – wie dem KSC – unverzichtbar allein Siege am Leben erhalten, der braucht Mut, Mut und nochmals Mut“, sprudelt es aus Wolfgang Rolff nur so heraus und hierbei wird klar: Eine KSC-Legende denkt mit dem Herzen für seinen Ex-Klub.

Und so fügt er treffend hinzu: „Der KSC hat doch mit Philipp Hofmann und seinen 13 Toren eine Granate vorne drin. Also, Leinen los mit voller Unterstützung für Hofmann.“

Wolfgang Rolff war zweifellos ein besonderer Profi. Einerseits Vorarbeiter, Kämpfer und – mit Verlaub – hier und da auch schon einmal der Mann fürs Grobe. Und dabei stets mit einer Pferdelunge ausgestattet und somit immer auf Achse. Andererseits war Rolff selbst auch auffällig als Kreativkraft, als Antreiber, als technisch versierter Fußballer. Spieler mit diesem Bündnis entgegengesetzter Fähigkeiten sind selten. Heute wie damals.

Kapitän beim 7:0-Triumph über Valencia

„Die Zeit beim KSC war großartig“, erinnert sich Rolff, „wir haben drei Jahre lang richtig gut mitgemischt.“ Mit Rang sechs in der Bundesliga, dem 7:0-Triumphmarsch im Uefa-Cup über den FC Valencia und mit einem Super-Team. Um Olli Kahn, um Reich, Schuster, Schütterle, Euro-Eddy und vielen anderen Volldampf-Fußballern.

„Der Winnie hat für eine optimale Mischung an Charakteren gesorgt und aufgepasst, dass die Gemeinschaft immer intakt war. Winnie war immer voller Mitgefühl für seine Spieler und auf dieser Ebene packte er seine Spieler bei der Ehre und motivierte sie dazu, jederzeit 100 Prozent zu geben. Für das Team, für den KSC und für die vielen Fans.“

über seinen Erfahrungen mit Derbys
„ Auch zu meiner Zeit waren die Duelle KSC gegen VfB immer ganz, ganz eng und hart umkämpft. ”

Doch an einen Sieg über den VfB Stuttgart kann sich Wolfgang Rolff im KSC-Trikot nicht erinnern. Er irrt sich nicht: Damals gab es auch keinen in diesen schwäbisch-badischen Derbys. „Auch zu meiner Zeit waren die Duelle KSC gegen VfB immer ganz, ganz eng und hart umkämpft. Gingen meist unentschieden aus“, ergänzt Rolff zur Ehrenrettung und liegt damit durchaus richtig.

Als Winnie Schäfer und Wolle Rolff erstmals gemeinsam als Trainerteam auftraten, geschah dies ausgerechnet beim VfB Stuttgart. Nach 12 Jahren Alleinherrschaft beim KSC tat sich Winnie Schäfer schwer beim großen VfB, wo die Ära Mayer-Vorfelder keinen zweiten Platzhirsch duldete. Nach nur einem halben Jahr und nur 26 Bundesligaspielen mit zehn Siegen kam es zur Trennung.

„Winnie hat Schluss gemacht damals. Er mochte nicht mehr, hatte die Freude verloren“, erinnert sich Rolff. Der übernahm dann noch für die letzten drei Spiele bis zur Winterpause die Verantwortung und ging ebenfalls.

Dienstlich wie privat: Treu, verlässlich, bodenständig

Zwei Jahrzehnte war Rolff bislang als Co-Trainer aktiv, doch nur drei weitere Chefs mit Rang und Namen brauchte es dafür: Berti Vogts, der für die Mehrzahl seiner 37 A-Länderspiele verantwortlich ist, Felix Magath, mit dem Rolff beim HSV zuvor erfolgreich Jagd auf besonders wertvolle Titel machte sowie Thomas Schaaf, an dessen Seite er mit Werder Bremen Meister und Pokalsieger wurde.

Treue, Verlässlichkeit, Bodenständigkeit sind sein Lebens-Credo. Auch daheim. Ehefrau Andrea ist seit Teenagerzeiten seine große Liebe. Der Junior heißt Yannick. Inzwischen 28 Jahre alt und ein Fußballer mit der Lust, die Welt zu erleben. War gerade zwei Jahre auf Zypern aktiv.

über das Derby am Sonntag
„ Da ist diesmal jede Menge Druck im Kessel. ”

Nun also wäre Wolle Rolff am Sonntag gern im Wildpark live dabei, denn er denkt dabei an die brisante Gemütslage, die auf dieses Derby lastet: „Da ist diesmal jede Menge Druck im Kessel: Der VfB muss dringend wieder hoch, lebt in der 2. Bundesliga weit über seine Verhältnisse. Ein zweites Jahr ist kaum zu stemmen. Und wenn der KSC gleich wieder runter müsste in diese wahnsinnige 3. Liga, in diese Tretmühle des Fußballs, wo der KSC gerade wieder hergekommen ist, dann wird er diesmal dort wohl nicht so schnell wieder rauskommen.“

Nun, Rolff bleibt Optimist. In allerletzter Konsequenz bliebe ja freilich noch diese stille Hoffnung, die hier wie das Netz eines Drahtseil-Künstlers wirkt: „Der KSC ist ein Relegationsspezialist“, sagt Rolff. Und so träumt der Fußball-Gladiator des Wildparks vorerst weiterhin davon, dass es am Ende doch noch reichen möge mit dem Erhalt der 2. Bundesliga.

Nun, möge Wolfgang Rolff hierbei diesmal ein irritiertes Erwachen erspart bleiben.