Union Berlin vs Arminia: Interview mit Bernd Rauw
"Eine spezielle Stärke sind die Fans."
Bernd Rauw machte 49 Spiele für Arminia, lief 43-mal für den 1. FC Union Berlin unter Uwe Neuhaus auf. Das macht ihn zum perfekten Experten für das anstehende Duell der beiden Klubs. Bei Liga-Zwei.de spricht der Belgier über Eskapaden von Ansgar Brinkmann, Geschichten für seine Kinder sowie die sportliche Entwicklung und Fankultur bei den Köpenickern.
Herr Rauw, Sie leben inzwischen wieder in Belgien, wie genau verfolgen Sie den deutschen Fußball noch?
Bernd Rauw: „Ich verfolge vor allem die 1. Bundesliga und meine Ex-Vereine. Sehr intensiv schaue ich auch auf die Mannschaften, in denen Ex-Mitspieler von mir mitwirken.“
Also zum Beispiel auf Dominick Drexler beim 1. FC Köln oder Frank Schmidt, der jetzt Heidenheim coacht?
Rauw: „Genau. Mit Frank habe ich zusammengespielt, da war ich noch ganz jung, er war damals erfahrener. Wir hatten in Aachen eine schöne Zeit. Es freut mich natürlich unheimlich, dass es jetzt so gut für ihn läuft, weil er einfach eine gute Arbeit macht.“
Kann Heidenheim so auch um den Aufstieg mitspielen?
Rauw: „Für den Aufstieg müsste schon viel zusammenkommen. Ähnlich vielleicht wie bei Paderborn vor ein paar Jahren. Im Prinzip haben Hamburg und Köln den stärksten Kader, sie sind für mich nach wie vor die Favoriten. Mich persönlich würde es natürlich enorm freuen, wenn Union Berlin den dritten Platz erreichen würde und über die Relegation aufsteigt.“
Sie sprechen Union Berlin an, Ihren Ex-Verein, der am Wochenende auf Arminia Bielefeld trifft, einen anderen ehemaligen Klub von Ihnen. Welche Kontakte haben Sie noch zu den beiden Klubs?
Rauw: „Zu den Vereinen habe ich eher weniger Kontakt, dafür aber zu etlichen Ex-Mitspielern, wie zum Beispiel Dennis Eilhoff. Er war mit seiner Familie zwischen Weihnachten und Neujahr hier in Belgien und hat uns besucht. Von Unioner Seite habe ich ab und zu Kontakt zu Torsten Mattuschka, auch zu Dominic Peitz. Das ist eine Verbundenheit mit Leuten, mit denen wirklich Freundschaften entstanden sind.“
Mit Dennis Eilhoff spielten sie lange Zeit bei Arminia Bielefeld zusammen, wohin Sie 2002 als 22-Jähriger wechselten. Welchen Stellenwert hat der Verein rückblickend in Ihrer Karriere?
Rauw: „Einen sehr großen. Ich bekam damals die Möglichkeit, als ziemlich junger Spieler Bundesliga-Luft zu schnuppern. Dass ich zwei Jahre dort spielen durfte, war rückblickend ein tolles Erlebnis. Wenn ich mit meinen kleinen Kindern heute die Spiele gucke und ihnen erzähle, dass ich früher auch dort in der Bundesliga gespielt habe, dann können sie es irgendwie gar nicht so richtig glauben.“
Was erzählen Sie Ihren Kindern denn am liebsten?
Rauw: „Aus meiner Bielefelder Zeit ist für mich der Aufstieg die schönste Geschichte. Damals hat einfach alles gepasst. Wir hatten eine tolle Serie und haben den Aufstieg am vorletzten Spieltag in Osnabrück perfekt gemacht.
In Bielefeld am Rathaus-Balkon zu stehen, war einfach ein schönes Erlebnis. Geschichten gibt es viele zu Ansgar Brinkmann. Er war ein spezieller Profi, war unfassbar talentiert und konnte Sachen mit dem Ball, die unglaublich waren. In der Kabine hatte er immer einen Spruch auf Lager.“
Zum Beispiel?
Rauw: „Ich kann mich erinnern, ich kam damals von Aachen nach Bielefeld und wir sind gleich ins Trainingslager gefahren: ins berüchtigte Herzlake, das eigentlich nur jeder Schmerzlake nannte. Morgens um sieben Uhr, noch vor dem Frühstück, war immer eine Dreiviertelstunde Ausdauerlauf angesagt.
Alle waren müde von den Einheiten vom Vortag und warteten, dass es losgeht, nur einer fehlte. Unser Trainer Benno Möhlmann meinte dann: Wo ist der Ansgar? Bis einer sagte: Achso Trainer, der meinte, er hat keine Lust. Für so einen jungen Profi, der es gerade in den Bundesliga-Kader geschafft hat, war das natürlich erstmal schockierend, aber später einfach super lustig (lacht).“
Ihr weiterer Weg führte Sie 2009 zu Union Berlin, dort war Uwe Neuhaus Ihr Trainer. Wie haben Sie ihn erlebt?
Rauw: „Er ist ein wahnsinnig guter Trainer. Zunächst einmal ist er sehr kompetent und hat immer genau den richtigen Spagat geschafft, zwischen Strenge und einem guten Draht zu den Spielern; zwischen Lockerheit und der nötigen Seriosität. Ich habe viel von ihm gelernt und immer sehr gern unter Uwe Neuhaus gespielt.“
Mittlerweile steht bei Union Berlin Urs Fischer an der Seitenlinie und ist auf einem guten Weg. Welche Stärken sehen Sie bei den Köpenickern?
Rauw: „Union hat sich über die letzten vier, fünf Jahre sehr gut entwickelt. Sie haben einen ausgeglichenen Kader. Eine spezielle Stärke sind natürlich die Fans. Wenn ich zurückblicke, kann ich mich nicht erinnern, dass sie uns mal ausgepfiffen haben. Stattdessen haben uns die Fans immer extrem unterstützt. Bei Union Berlin herrscht einfach eine spezielle Fankultur. Deswegen würde es mich besonders für die Anhänger sehr freuen, wenn der Verein aufsteigt.“
Sie haben mit Bielefeld, Union Berlin oder auch bei Alemannia Aachen bei Traditionsvereinen gekickt. Bei welchem Verein spürten Sie diese Tradition besonders?
Rauw: „Bei jedem dieser Vereine. In Aachen kam ich direkt aus der A-Jugend in den Profikader und durfte zweite Liga noch auf dem alten Tivoli spielen. Das war immer ein tolles Gefühl. Die Tradition und die ganz spezielle Identifikation mit dem Verein merkt man auch in Bielefeld noch, das Stadion ist schnell voll, sobald Erfolg da ist.
Was man als jüngerer Spieler gar nicht so mitbekommt: Den Fans geht es darum, ins Stadion zu gehen, eine gute Zeit zu haben, ihr Team zu unterstützen und eben auch, wenn kein Sieg dabei rum kommt, einen schönen Tag gehabt zu haben. Nicht alles wird rein auf das Resultat zu reduziert, sondern es geht einfach darum, den Verein zu unterstützen, egal in welcher Liga. Das war bei Union Berlin was ganz besonderes, damals in der vierten und jetzt in der zweiten Liga: eben diesen sehr großen Kern, der den Verein immer unterstützt.“
Zurück zum Sportlichen: Das Hinspiel zwischen Union und Bielefeld endete 1:1. Was erwarten Sie vom Rückspiel?
Rauw: „Es wird ein knappes Spiel. Ich möchte mich aber nicht auf einen Favoriten festlegen. Ich hoffe einfach, es wird eine gute Partie und wenn sie wieder unentschieden ausgeht, wäre es für mich in Ordnung.“
Seit dem Ende Ihrer aktiven Karriere sind Sie auch in der Jugendförderung tätig und sind Mitbegründer des Stützpunkttrainings in Ostbelgien. Was sind dabei die Ziele?
Rauw: „Wir haben vor circa fünf Jahren ein Projekt zusammen mit dem belgischen Erstligisten KAS Eupen ins Leben gerufen, das sich sehr stark am deutschen DFB-Stützpunkttraining orientiert. Das heißt, wir bieten den stärksten Spielern aus kleineren Vereinen montags und freitags ein Zusatztraining an.
Damit wollen wir den Kindern ein gutes zusätzliches Training bieten, ohne sie sofort aus den Vereinen zu reißen. Von den Nachwuchsleistungszentren werden die Kinder mittlerweile relativ früh gescoutet, wir wollen eben, dass sie möglichst lange bei ihren Heimatvereinen bleiben und trotzdem hochwertig trainieren können.
Besonders talentierte Spieler können dann natürlich ihren weiteren Weg gehen. Bei diesem Projekt bin ich sehr aktiv und von Anfang an dabei. Es ist schön zu sehen, dass es funktioniert und es macht Spaß, mit den Jungs gute Arbeit zu leisten.“
Herr Rauw, vielen Dank für das Gespräch!
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