Wintercheck Holstein Kiel

Analyse & Prognose zur Rückrunde

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Donnerstag, 18.01.24 | 14:35

Kiels Trainer Marcel Rapp hat im Oktober bis 2026 verlängert. © picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Holstein Kiel war vor dem Start in die Saison zwar keine komplette Wundertüte, nach einem doch relativ groß ausgefallenen Umbruch aber alles andere als leicht einzuschätzen. Damit, dass die Störche die Winterpause als Tabellenführer verbringen würden, war freilich nicht zu rechnen. Doch die Mannschaft von Trainer Marcel Rapp spielte mit 35 Punkten die beste Hinrunde der Zweitliga-Vereinsgeschichte und ist spätestens seit dem mit fünf Siegen furiosen Jahresendspurt zum Kreis der Aufstiegskandidaten zu zählen.

Die Hinrunde in der Zusammenfassung

Schon vier Siege an den ersten fünf Spieltagen bedeuteten einen sehr guten Saisonstart, mit dem sich die Störche von Anfang an im vorderen Bereich der Tabelle festsetzten. Obwohl es vom sechsten bis zwölften Spieltag mit nur acht Punkten aus sieben Partien eher durchwachsen lief, zudem in dieser Phase eine Niederlage im Elfmeterschießen gegen den 1. FC Magdeburg das Aus in der zweiten Runde des DFB-Pokals bedeutete, blieb die KSV weiter vorne dabei.

Mit einem 4:2-Sieg gegen den Hamburger SV begann am 13. Spieltag dann eine bis Weihnachten durchgezogene Siegesserie, die bei keineswegs einfachen Aufgaben beim 1. FC Kaiserslautern (3:0), gegen den SV Wehen Wiesbaden (3:2), bei Fortuna Düsseldorf (1:0) und gegen Hannover 96 (3:0) die Optimalausbeute einbrachte.

Stärken & Schwächen

Trotz oder vielleicht auch wegen der vielen Veränderungen im Kader zeichnet Holstein Kiel eine enorme Flexibilität aus. Nahezu beliebig kann Trainer Rapp zwischen Dreier- bzw. Fünfer- und Viererkette wechseln, ebenso zwischen einem, zwei oder drei Angreifern. Das macht die Störche sehr schwer ausrechenbar, woran darüber hinaus ein auch in der Breite stark besetztes Aufgebot ihren Anteil hat. So verteilen sich die 33 erzielten Tore, die ligaweit zweitmeisten, auf zwölf verschiedene Torschützen. Gleich neun Akteure haben mindestens doppelt getroffen, immerhin fünf Treffer wurden durch Joker erzielt.

Basis allen Erfolgs ist ein hoher Fitnesslevel, der sich an den ligaweit zweitmeisten Sprints und den drittmeisten intensiven Läufen (-> DFL-Statistiken) ablesen lässt. Damit macht Kiel nicht nur den Gegnern ein konstruktives Aufbauspiel schwer, sondern schaltet nach Ballgewinn auch sehr schnell um und kommt dann meist zielstrebig zum Abschluss. Ergebnis dieser Spielweise sind beachtliche sechs Siege in acht Auswärtsspielen (ein Unentschieden, eine Niederlage), während zu Hause bei fünf Siegen und einem Remis schon drei Mal verloren wurde. Ein Zeichen dafür, dass die Störche bei eigenem Ballbesitz nicht immer die passende Lösung finden.

Gewinner & Verlierer

Verlierer gibt es beim Herbstmeister durchaus, wenngleich nicht in großer Zahl. Der als Aufstiegsheld des VfL Osnabrück gekommene Ba-Muaka Simakala schaffte den Sprung in die Stammelf nicht und spielte nur eine Nebenrolle, ebenso wie Rückkehrer Joshua Mees. Noch bitterer verlief die Hinserie für Thomas Dähne, der als Nummer eins gestartet ist, aber nach der 2:4-Niederlage am dritten Spieltag gegen den 1. FC Magdeburg seinen Platz im Tor an Weiner verlor. Im Oktober musste sich der 29-Jährige dann auch noch einer Knie-OP unterziehen und fehlte bis zur Winterpause im Kader, befindet sich aktuell noch im Aufbautraining.

Gleich eine Reihe von Akteuren hat sich unterdessen in den vergangenen Monaten hervorragend entwickelt. Weiner avancierte zwischen den Pfosten zum Rückhalt, während Fiete Arp im zweiten Teil der Hinrunde richtiggehend aufblühte, Lewis Holtby seinen dritten Frühling erlebte und Tom Rothe regelmäßig zeigte, warum man bei Borussia Dortmund perspektivisch auf den an Kiel verliehenen Linksverteidiger setzt. Den größten Sprung gemacht hat aber sicherlich Colin Kleine-Bekel, der im Sommer 2022 noch aus der U19 des BVB in die zweite Mannschaft der Störche gewechselt war und nun an 16 der ersten 17 Spieltage der Innenverteidigung über die volle Distanz Stabilität verlieh.

Winter-Transfers: Wer kommt, wer geht?

Eigentlich wollte sich Holstein Kiel auf dem winterlichen Transfermarkt zurückhalten und hatte den Gedanken an eine für den Defensivbereich angedachte Nachbesserung schon verworfen, als das Verletzungspech gleich mehrfach zugeschlagen hat. Mit Philipp Sander, Carl Johansson, Fiete Arp und Benedikt Pichler werden vier potentielle Leistungsträger den Rückrundenstart verpassen. Zudem kommt Steven Skrzybski gerade aus einer Verletzungspause.

Weil zu Beginn der Transferperiode mit dem an den 1. FC Kaiserslautern verliehenen Ba-Muaka Simakala eine Offensivalternative abgegeben wurde, sind die Optionen nicht mehr allzu zahlreich. Trainer Rapp hat deshalb Neuzugänge angekündigt, die bis Transferschluss insbesondere für den Angriff und die linke Seite kommen sollen.

Vorbereitungsfazit & Prognose

Den ersten Test gegen den SV Darmstadt 98 (2:1) konnte Holstein Kiel noch erfolgreich gestalten, kam dann aber gegen VV St. Truiden (1:1) nicht über ein Unentschieden hinaus und verlor die Generalprobe gegen Hannover 96 (2:3) sogar. Letztere Partie wollte Trainer Rapp aufgrund schwieriger äußerer Bedingungen nicht überbewerten, aber dennoch offenbarte die Pleite gegen den Ligarivalen, dass die Störche noch nicht wieder die Form aus dem Hinrundenfinale haben.

Dass mehrere wichtige Spieler zum Start ins neue Jahr fehlen und danach mutmaßlich Zeit benötigen werden, um wieder in Form zu kommen, bedeutet keine optimalen Voraussetzungen. Auch deshalb glauben wir, dass Kiel den Lauf aus dem Spätherbst nicht auf diesem Niveau wird fortsetzen können. Je nachdem, wann Pichler, Arp und Co. wieder dabei sind, sind Platz drei und die Relegation aber möglich.

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