1. FC Nürnberg Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Samstag, 22.07.23 | 12:10
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Der zuletzt vom 1. FC Köln nur ausgeliehe Jens Castrop spielt nun fix für den Club. © IMAGO / Zink

Obwohl mit dem offen kommunizierten Ziel „Platz eins bis sechs“ angetreten, hat der 1. FC Nürnberg in der vergangenen Saison den Klassenerhalt erst am letzten Spieltag geschafft. Nachdem die Mannschaft sowohl unter Robert Klauß als auch unter Markus Weinzierl einiges schuldig geblieben war, konnte mit Sportvorstand Dieter Hecking als Interimstrainer zumindest der Super-GAU vermieden werden, allerdings auch nicht auf überzeugende Art und Weise.

Hecking konzentriert sich nun wieder ausschließlich auf seine eigentlichen Aufgaben, während der Club mit dem neuen Trainer Cristian Fiel auf eine deutlich bessere Saison hofft – diesmal freilich ohne forsche Zielvorgaben. In unserem Teamcheck analysieren wir, was für den FCN 2023/24 drin ist.

Kommen & Gehen

Gleich 14 Abgänge machen deutlich, dass der FCN doch einen gewissen Umbruch vollzogen hat. Mit Kwadwo Duah (Ludogorets Rasgrad) hat der beste Torschütze den Verein nach nur einem Jahr wieder verlassen. Ebenfalls zum Kreis der Stammkräfte gehörten Fabian Nürnberger (SV Darmstadt 98) sowie die Leihspieler Lino Tempelmann (FC Schalke 04, war vom SC Freiburg ausgeliehen), Florian Flick (FC Schalke 04) und Peter Vindahl Jensen (AZ Alkmaar). Während Vindahl Jensens Ausleihe nur die Reaktion auf den Ausfall von Christian Mathenia und eine Weiterverpflichtung nach der Genesung des Stammkeepers kein Thema war, will der Club Flick noch fest an sich binden.

Das ist bei Jannes Horn (VfL Bochum) und Jens Castrop (1. FC Köln) bereits gelungen, wohingegen beide Leihspieler von Bayer Leverkusen, Sadik Fofana und Gustavo Puerta, beim FCN schon wieder Geschichte sind. Selbiges gilt für Erik Shuranov (Maccabi Haifa), Pascal Köpke (MSV Duisburg) und den zuletzt schon verliehenen Paul-Philipp Besong (Borussia Dortmund II). Manuel Wintzheimer (Arminia Bielefeld) wurde abermals verliehen, wie nun auch Louis Breunig (Jahn Regensburg), die beide in der 3. Liga auf mehr Einsatzzeiten hoffen. Danny Blums Vertrag wurde nach einem halben Jahr nicht verlängert. Der 32-Jährige ist anders als sein jüngerer Bruder Shawn, der zum 1. FC Kaiserslautern II zurückgekehrt ist, noch ohne neuen Verein.

Neu im Kader stehen neben einigen Spielern aus dem eigenen Nachwuchs (Nicolas Ortegel, Ali Loune, Jannik Hofmann, Pascal Fuchs) inklusive Top-Talent Can Uzun bislang fünf externe Neuzugänge. Ahmet Gürleyen (SV Wehen Wiesbaden) und Iván Márquez (NEC Nijmegen) bewerben sich um die Plätze in der Innenverteidigung, während die beiden Japaner Kanji Okunuki (Omiya Ardija) und Daichi Hayashi (VV St. Truiden) sowie der Engländer Joseph Hungbo (FC Watford) die Offensive beleben sollen. Okunuki und Hungbo sind im von Trainer Fiel geplanten 4-3-3 für die Flügel vorgesehen, während Hayashi sowohl außen als auch zentral stürmen kann.

So lief die Vorbereitung

Nach einem lockeren 13:1 beim 1. FC Hersbruck bestritt der 1. FC Nürnberg sein zweites Testspiel direkt gegen den tschechischen Erstligisten FK Pardubice und verbuchte einen Mut machenden 1:0-Sieg. Während des Trainingslagers in Österreich blieb der Club ungeschlagen und ließ einem Remis gegen den TSV Hartberg (2:2) einen weiteren Sieg gegen Diósgyőri VTK (3:1) folgen.

Zurück in der Heimat trotzten die Franken dem FC Arsenal im Highlight-Spiel der Vorbereitung ein 1:1 ab, kassierten dann aber gegen den 1. FC Saarbrücken (1:2) eine erste Niederlage. Als Generalprobe für den Start dient das Blitz-Turnier am heutigen Samstag bei der SpVgg Unterhaching mit Spielen gegen den Gastgeber und den TSV 1860 München.

Stärken & Schwächen

Zum Start in die neue Saison kann Trainer Fiel nicht aus dem Vollen schöpfen, verpassen doch mit Christopher Schindler, Jannes Horn, Erik Wekesser, Taylan Duman und Jannik Hofmann voraussichtlich gleich fünf Spieler verletzungsbedingt den Auftakt. Während diese Ausfälle mit dem vorhandenen bzw. verstärkten Kader aufgefangen werden können, bleibt abzuwarten, ob die in der vergangenen Spielzeit mit nur 32 Toren schwächste Offensive der 2. Liga wie erhofft mehr Durchschlagskraft entwickeln kann. Der Abgang von Top-Torjäger Duah muss dabei kein Nachteil sein, scheint die neue Spielausrichtung mit zwei offensiven Außen doch gerade dem in der Vorbereitung deutlich verbesserten Christoph Daferner als Zielspieler entgegenzukommen.

Defensiv war der Club trotz vieler Ausfälle und deshalb nötiger Umbauten schon vergangene Saison einigermaßen stabil. Die Rückkehr von Stammkeeper Mathenia, der auch als Führungsspieler wichtig ist, sollte das Gebilde ebenso weiter festigen wie die auf dem Transfermarkt geschaffene, neue Breite auf den Innenverteidigerpositionen.

Hoffnung auf eine signifikante Weiterentwicklung machen die Talente Castrop, Uzun und Nathaniel Brown, die schon in der schwierigen Vorsaison Akzente setzen konnten und in einer funktionierenden Mannschaft noch besser zur Geltung kommen sollten.

Neuer Chefcoach beim FCN: Cristian Fiel. © imago images / Hentschel

Der Trainer

Von Februar bis November 2019 saß Cristian Fiel erstmals in verantwortlicher Position in der 2. Bundesliga auf der Trainerbank, konnte bei Dynamo Dresden aber letztlich die in ihn gesetzten Erwartungen (noch) nicht erfüllen. Der Deutsch-Spanier ging dann bewusst einen Schritt zurück, übernahm im Juli 2021 die zweite Mannschaft des 1. FC Nürnberg und betrieb mit guter Arbeit in der Regionalliga Eigenwerbung.

Als Dieter Hecking im Februar als Interimscoach übernahm, holte sich der Sportvorstand Fiel als Co-Trainer an seine Seite, der indes auf dem Trainingsplatz tatsächlich schon eher wie ein Chefcoach arbeitete und sich in dieser Zeit auch bei den Profis Anerkennung erwarb. Die Beförderung des 43-Jährigen war deshalb die logische Folge und soll nach der hohen Fluktuation der jüngeren Vergangenheit eine Phase der Konstanz auf der Trainerbank einleiten. Dass Fiel nicht nur bei der Mannschaft, sondern auch im Umfeld gut ankommt und ein besonderes Händchen für Talente besitzt, bietet in dieser Hinsicht zumindest gute Voraussetzungen.

Der potentielle Shooting-Star

Der FC Bayern München sowie mehrere Spitzenklubs aus der Türkei sollen zur Zahlung einer siebenstelligen Ablöse für Can Uzun bereit gewesen sein, doch der 17-Jährige entschied sich gegen den großen Schritt und für die Aussicht auf regelmäßige Spielpraxis beim 1. FC Nürnberg. Nach seinen ersten drei Zweitliga-Einsätzen an den finalen drei Spieltagen der zurückliegenden Saison darf man getrost davon ausgehen, dass der türkische U18-Nationalspieler auch künftig eine größere Rolle spielen und Trainer Fiel das Potential des im Offensivbereich variabel einsetzbaren Uzuns für die Mannschaft nutzen wird.

Die mögliche Startelf

Mathenia – Gyamerah, Marquez, Lawrence, Handwerker – Castrop, Geis, Brown – Hayashi, Daferner, Okunuki

Fazit & Prognose

Nach den Erfahrungen der letzten Saison ist nur logisch, dass sich der 1. FC Nürnberg diesmal mit offensiven Ansagen zurückhält. Allerdings wäre es schon eine sehr negative Überraschung, würde der Club mit dem vorhandenen Kader erneut in Abstiegsgefahr geraten. Für ganz oben reicht es mutmaßlich zwar noch nicht, doch wenn die Umbaumaßnahmen in der Offensive wie erhofft funktionieren, steht am Ende ein einstelliger Tabellenplatz.