Wintercheck SV Wehen Wiesbaden

Analyse & Prognose zur Rückrunde

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Dienstag, 16.01.24 | 12:46
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Kann mit 22 Punkten ein zufriedenes Hinrundenfazit ziehen: Trainer Markus Kauczinski. © IMAGO / Eibner

Erst in der Relegation gegen Arminia Bielefeld hat der SV Wehen Wiesbaden die Rückkehr in die 2. Bundesliga geschafft und weil sich anschließend mehrere Leistungsträger (Ahmet Gürleyen, Benedict Hollerbach, Brooklyn Ezeh) verabschiedeten, stand in der hessischen Landeshauptstadt der Klassenerhalt als oberste Zielsetzung außer Frage. Nach der Hinserie befindet sich der SVWW dabei mit 22 Punkten als Tabellenelfter auf einem guten Weg, nicht wie beim letzten Zweitliga-Intermezzo 2019/20 direkt zurück in die 3. Liga zu müssen.

Die Hinrunde in der Zusammenfassung

Mit sieben Punkten aus den ersten drei Spielen inklusive einem Last-Minute-Sieg bei Bundesliga-Absteiger Hertha BSC (1:0) hat der SV Wehen Wiesbaden einen hervorragenden Start hingelegt. Dass es danach bei nur einem Punkt aus fünf Partien sowie dem Aus im DFB-Pokal gegen RB Leipzig (2:3) wochenlang nicht rund lief, konnte dank des früh aufgebauten Polsters verkraftet werden.

Das folgende 1:1 gegen den Hamburger SV leitete dann einen Zwischenspurt mit gleich vier Siegen am Stück ein, der die Mannschaft von Trainer Markus Kauczinski sogar in Tuchfühlung zu den Aufstiegsrängen brachte. Ende November geriet der SVWW allerdings wieder aus der Spur und legte mit drei Pleiten eine weitere Negativserie hin, die aber im letzten Hinrundenspiel mit einem nicht zu erwartenden und auch etwas glücklichen 1:1 beim FC St. Pauli gestoppt werden konnte.

Stärken & Schwächen

Beim SV Wehen Wiesbaden lassen sich Stärken und Schwächen gut an der Tabelle ablesen. Während 19 erzielte Tore nur von den Teams auf den drei letzten Tabellenplätzen unterboten werden, sind 22 Gegentreffer der viertbeste Wert der Liga. Das war nicht unbedingt zu erwarten, stand doch über weite Strecken eine mit Martin Angha, Marcus Mathisen und Aleksandar Vukotic komplett neuformierte Dreierabwehrkette auf dem Platz. Doch die Neuen erwiesen sich allesamt als Verstärkungen, während dahinter Florian Stritzel eine überragende Halbserie spielte. Die ausnahmslos großgewachsenen Abwehrspieler haben dabei auch ihren Anteil daran, dass der SVWW vor beiden Toren bei Standardsituationen über hohe Qualität verfügt und fehlende Zielstrebigkeit aus dem Spiel heraus zumindest teilweise kompensiert werden konnte.

Nur Durchschnitt ist die allgemeine Laufleistung der Mannschaft, während Wehen Wiesbaden in den DFL-Statistiken sogar als Mannschaft mit den wenigsten intensiven Läufen sowie den viertwenigsten Sprints geführt wird. Dass dennoch eine gute Punktausbeute zu Buche steht, liegt auch an Ivan Prtajin, der in 15 Partien immerhin sechs Mal getroffen hat und damit ligaweit zu den auffälligsten Stürmern gehört.

Gewinner & Verlierer

Pendelte Robin Heußer in der Aufstiegssaison noch zwischen Spielfeld und Ersatzbank, ist der zentrale Mittelfeldmann in der laufenden Spielzeit zum absoluten Schlüsselspieler avanciert. Der 25-Jährige stand an den ersten 17 Spieltagen immer in der Startelf und war mit einem Tor sowie fünf Vorlagen an knapp einem Drittel aller Saisontore direkt beteiligt. Heußer überzeugt nicht nur als Ballverteiler und Initiator gefährlicher Angriffe, sondern hat ligaweit auch die viertmeisten Zweikämpfe gewonnen und nach St. Paulis Marcel Hartel die meisten Kilometer zurückgelegt.

Ob Heußers Entwicklung in dieser Form möglich gewesen wäre, wenn nicht Emanuel Taffertshofer schon in der Vorbereitung von Leistenproblemen geplagt worden wäre und deshalb letztlich die gesamte Hinrunde bei zwei Kadernominierungen keine Option war, wird sich nicht klären lassen. Fakt aber ist, dass Taffertshofer vergangene Saison noch 32 Drittliga-Spiele bestritten hat. Nun geht es für den 28-Jährigen in erster Linie darum, den Anschluss wieder zu schaffen.

Winter-Transfers: Wer kommt, wer geht?

Bislang hat der SV Wehen Wiesbaden eine ruhige Transferperiode erlebt, woran sich aller Voraussicht nach bis Ende Januar auch nicht viel ändern dürfte. Zwar würden die Verantwortlichen um den Sportlichen Leiter Paul Fernie möglicherweise zuschlagen, wenn sich eine günstige Gelegenheit vielleicht auch schon mit Blick auf den Sommer gibt, doch zwingend Handlungsbedarf sieht man nicht.

Sollte es zu Abgängen kommen, würde die Beschäftigung mit dem Transfermarkt vermutlich etwas intensiver ausfallen. Ein Kandidat, der noch wechseln könnte, ist der erst im Sommer verpflichtete Antonio Jonjic, der bisher nicht über eine Nebenrolle hinausgekommen ist und der bei Legia Warschau gehandelt wird.

Vorbereitungsfazit & Prognose

Mit einem 2:1-Sieg gegen den SV Sandhausen und einem 2:2 gegen VV St. Truiden hat der SV Wehen Wiesbaden ansprechende Testspiele absolviert, indes wie schon in den letzten Wochen vor Weihnachten die absolute defensive Stabilität vermissen lassen. Zu dieser muss der Aufsteiger aber auch angesichts der eigenen Offensivschwäche zurückfinden und überdies auch weiter auf einen herausragenden Torwart Stritzel sowie einen zuverlässig treffenden Torjäger Prtajin setzen, soll es nicht doch noch eng werden.

Nachdem in der Hinrunde einige Punkte auch sehr glücklich geholt wurden und sich die Gegner in den Rückspielen mutmaßlich besser auf den SVWW einstellen werden, sehen wir die Kauczinski-Elf auf Platz elf in einer trügerischen Lage. Geht der nicht einfache Rückrundenstart daneben, könnte das aktuell vorhandene Polster schnell aufgebraucht sein und ein langer Abstiegskampf drohen – dessen Bestehen mit einer negativen Dynamik umso schwieriger würde.