FC St. Pauli Teamcheck
Analyse & Prognose zur neuen Saison
Bis zum vorletzten Spieltag musste der FC St. Pauli im Juni um den Klassenerhalt bangen, konnte den Super-GAU aber am Ende noch vermeiden. Unter dem Strich stand aber dennoch eine gemessen an den am Millerntor selten geringen Erwartungen eine enttäuschende Saison, die sich in dieser Form nicht wiederholen soll. Dafür sorgen soll einerseits der neue Trainer Timo Schultz, andererseits aber auch ein deutlich veränderter und verjüngter Kader, in dem einige alte Zöpfe abgeschnitten wurden. Ob die neuformierten Kiezkicker bereit sind für ein besseres Spieljahr nehmen wir im Teamcheck von Liga-Zwei.de unter die Lupe.
Kader & Transfers
14 Spieler haben den FC St. Pauli im Sommer den Rücken gekehrt. Darunter mit James Lawrence (RSC Anderlecht), Leo Östigard und Viktor Gyökeres (beide Brighton & Hove Albion), die sich zu Stammkräften und Leistungsträgern aufgeschwungen haben. Zumindest bei Gyökeres ist nun noch die kleine Hoffnung auf eine Weiterverpflichtung vorhanden. Der vierte Leihspieler, Matt Penney (Sheffield Wednesday), hat sich mit seinem Derbytor beim Hamburger SV (2:0) einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert, ansonsten aber keinen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen.
Nicht mehr dabei sind künftig mit Johannes Flum (SC Freiburg II), Marc Hornschuh (HSV II), Jan-Philipp Kalla (Victoria Hamburg) und Waldemar Sobota (Slask Wroclaw) vier langjährige Kiezkicker, die zuletzt aber abgesehen von Sobota keine allzu große Rolle mehr spielten. Anders als Henk Veerman (SC Heerenveen) und Dimitrios Diamantakos (Hajduk Split), die jeweils elf Tore erzielten und im Angriff eine große Lücke hinterlassen haben.
Nicht verlängert wurde unterdessen der Vertrag von Ersatzkeeper Korbinian Müller, während Yi-Young Park (Türkgücü München), Florian Carstens (SV Wehen Wiesbaden) und Jakub Bednarczyk (Zaglebie Lubin) andernorts auf Leihbasis Spielpraxis sammeln sollen.
Im Gegenzug wurden bislang acht externe Neuzugänge an Land gezogen, von denen Simon Makienok (zuletzt Dynamo Dresden) und Daniel-Kofi Kyereh (SV Wehen Wiesbaden) künftig für Tore sorgen sollen. Auch Lukas Daschner (MSV Duisburg), der in der 3. Liga im offensiven Mittelfeld und als hängende Spitze glänzte, soll die Offensive beleben. Ebenso Maximilian Dittgen (SV Wehen Wiesbaden), der vor allem für den linken Flügel eingeplant ist.
Mit Leart Paqarada (SV Sandhausen) konnte ein auch anderweitig umworbenener Linksverteidiger verpflichtet werden, der in der Liga seit Jahren auf seiner Position zu den Besten gehört und es auch ermöglicht, Daniel Buballa fest als Innenverteidiger einzuplanen. Die 20-jährigen Mittelfeldtalente Rodrigo Zalazar (Eintracht Frankfurt, ausgeliehen) und Afeez Aremu (Start Kristiansand) sollen derweil möglichst schnell in der 2. Bundesliga angekommen, der auch nur ein Jahr ältere Dennis Smarsch (Hertha BSC) Druck auf Stammkeeper Robin Himmelmann machen.
Komplettiert wird das Aufgebot durch die aus den eigenen Reihen aufgerückten Talente Jannes Wieckhoff, Christian Viet, Maximilian Franzke, Marvin Senger, Aurel Loubongo und Christian Stark, die zum Teil schon vergangene Saison erste Zweitliga-Luft schnuppern durften und nun in der Vorbereitung munter mitmischten.
Die aktuelle Form
Mit einer 1:2-Niederlage bei Ligarivale Holstein Kiel ist der Testspielauftakt nicht nach Plan verlaufen und auch die anschließenden Partien gegen Aarhus GF (0:0) sowie den SV Werder Bremen (0:1) offenbarten Probleme insbesondere in der Offensive, die aufgrund der Abgänge indes auch nicht völlig überraschend kamen.
Gegen den SV Meppen gelang im vierten Anlauf immerhin ein knapper 2:1-Sieg, doch blieb auch im Duell mit dem Drittligisten gerade im Abschluss reichlich Luft nach oben. Am Sonntag steigt nun die Generalprobe gegen den dänischen Erstligisten SönderjyskE Fodbold, bevor eine Woche später die Erstrundenbegegnung im DFB-Pokal bei der SV Elversberg ansteht.
Stärken & Schwächen
Mit nur 41 Toren wies der FC St. Pauli vergangene Saison die zweitschwächste Ausbeute aller Zweitligisten auf und hat nun mit Veerman, Diamantakos und Gyökeres auch noch drei Spieler verloren, die zusammen für 29 dieser Treffer verantwortlich zeichneten. Das Offensivspiel droht daher mehr denn je zur Schwachstelle zu werden, zumal die bisherigen Neuzugänge für die vorderen Reihen (Makienok, Kyereh, Daschner, Dittgen) ihre uneingeschränkte Zweitliga-Tauglichkeit erst noch final nachweisen müssen.
Eine Schwächung bedeutet auch der Abgang von Leihspieler Östigard, der im Abwehrzentrum ein Eckpfeiler war. Positiv aber ist, dass mit Christopher Avevor und Philipp Ziereis zwei andere Innenverteidiger nach langen Verletzungspausen wieder auf einem guten Weg sind. Zusammen mit Daniel Buballa, dessen Versetzung von der linken Abwehrseite ins Zentrum eine gute Entscheidung von Ex-Trainer Jos Luhukay war, sollte St. Pauli in der Innenverteidigung somit dennoch gut aufgestellt sein.
Chance und Risiko zugleich sind die vielen jungen Spieler im zentralen Mittelfeld wie die Neuzugänge Aremu, Zalazar und Daschner sowie Ersin Zehir und Finn One Becker. Alle verfügen über Potential, das bei entsprechender Weiterentwicklung enorm wertvoll werden könnte. Ansonsten wären wieder vermehrt die Routiniers Marvin Knoll, Rico Benatelli und Christopher Buchtmann gefragt, die vergangene Saison allerdings nicht oder nur selten die ihnen zugedachten Führungsrollen einnahmen.
Der Trainer
Vier Mal in der Bundesliga und 69 Mal in der 2. Bundesliga lief Timo Schultz zwischen 2005 und 2011 für den FC St. Pauli auf, bevor der frühere Mittelfeldspieler seine Karriere in der zweiten Mannschaft der Kiezkicker ausklingen ließ und gleichzeitig seine Trainerkarriere begann. Der heute 43-Jährige, der 2018 seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer abschloss, fungierte zunächst als Co-Trainer bei der U23 und bei den Profis, übernahm dann 2015 als Chefcoach die U17 und hatte zuletzt die U19 unter seinen Fittichen.
Nun entschieden sich die Verantwortlichen nach der Trennung von Jos Luhukay für das Trainereigengewächs, der anstelle des langjährigen Assistenten André Trulsen mit Loic Favé und Fabian Hürzeler zwei junge Co-Trainer installierte. Schultz‘ Wille und Entschlossenheit, Dinge zu verändern, ließen sich direkt an dieser durchaus pikanten Personalie erkennen. Nun ist es die Aufgabe des gebürtigen Niedersachsen, gemäß seiner Philosophie, eine leidenschaftlich agierende Einheit zu formen, die idealerweise eine gleichermaßen aktive wie offensive Spielanlage pflegen soll.
Die mögliche Startelf
Fazit & Prognose
St. Pauli hat Erfahrung und Qualität verloren, aber auch einige vielversprechende Akteure hinzubekommen, die zusammen mit dem neuen Trainer Timo Schultz für neuen Schwung sorgen könnten. Generell ist nach der Trennung von Jos Luhukay mit einer besseren Arbeitsatmosphäre und mehr Ruhe im Umfeld zu rechnen, was sich positiv auswirken dürfte. Wir erwarten St. Pauli daher besser als vergangene Saison im Tabellenmittelfeld mit leichter Tendenz nach oben.
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