Holstein Kiel Teamcheck

Analyse & Prognose zur neuen Saison

Autor: Johannes Ketterl Veröffentlicht: Donnerstag, 03.09.2020 | 07:00
Fin Bartes im Test gegen Ajax Amsterdam.

Nach 13 Jahren ist Fin Bartels an die Kieler Förde zurückgekehrt. ©imago images/Holsteinoffice

Nach 36 Jahren in niedrigeren Klassen ist Holstein Kiel 2017 in die 2. Bundesliga zurückgekehrt und hat es seitdem drei Mal geschafft, nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. Von Platz drei 2017/18 über Rang sechs bis hin zum elften Platz der zurückliegenden Spielzeit ist aber eine gewisse Abwärtstendenz erkennbar, die sicherlich auch in Zusammenhang mit dem regelmäßigen Aderlass im Kader und auch auf der Trainerbank steht.

Vor dem vierten Zweitliga-Jahr in Folge blieben nun aber zumindest bislang die ganz großen Veränderungen aus. Nichtsdestotrotz gelten die Störche für viele Beobachter wieder einmal als eine Art Wundertüte. Im Teamcheck von Liga-Zwei.de werfen wir einen genaueren Blick auf die KSV und wagen am Ende auch eine Prognose.

Kader & Transfers

Mit Salih Özcan (1. FC Köln) und Emmanuel Iyoha (Fortuna Düsseldorf) konnte Holstein Kiel zwei Leihspieler nicht halten, die vergangene Saison zu überzeugen wussten. Die Lücken, die die übrigen sieben Abgänge hinterlassen haben, sind dagegen überschaubar. Die beiden anderen Leihspieler Darko Todorovic (nun Hajduk Split) und Salim Khelifi (FC Zürich) hinterließen auf jeden Fall keinen bleibenden Eindruck.

Dominik Schmidt (MSV Duisburg) verlor nach viereinhalb Jahren als Führungsspieler im Laufe der Spielzeit seinen Stammplatz in der Innenverteidigung und erhielt keinen neuen Vertrag mehr. Wie der Routinier schloss sich mit Tobias Fleckstein auch ein junger Innenverteidiger-Kollege, dem der Durchbruch versagt blieb, den Duisburger Zebras an.

Young-jae Seo kam derweil auf der linken Abwehrseite nicht an Johannes van den Bergh vorbei und kehrte nun in seine südkoreanische Heimat zu Daejeon Hana Citizen zurück. Torwarttalent Timon Weiner (1. FC Magdeburg) und Philipp Sander (SC Verl) erhoffen sich unterdessen in der 3. Liga mehr Spielpraxis als es in Kiel der Fall war.

Neu im Kader sind neben den Rückkehrern Benjamin Girth (VfL Osnabrück), Noah Awuku (Chemnitzer FC) und Daniel Hanslik (Hansa Rostock), die einen erneuten Anlauf unternehmen, sowie dem aus der U19 aufgerückten Jonas Sterner bisher sechs externe Neuzugänge. Ein besonderer Coup ist natürlich die Verpflichtung des gebürtigen Kielers und bei den Störchen ausgebildeten Fin Bartels (Werder Bremen), der mit seinen 33 Jahren direkt vorangehen und offensiv Akzente setzen soll.

Auch der nach zwei enttäuschenden Jahren beim 1. FC Köln mit wenigen Einsätzen ausgeliehene Niklas Hauptmann und Simon Lorenz (VfL Bochum) bringen ein gewisses Maß an Erfahrung im deutschen Profifußball mit. Der im Mittelfeld flexibel einsetzbare Hauptmann mit 24 Jahren und der noch ein Jahr jüngere Innenverteidiger Lorenz verfügen aber gleichzeitig noch über Entwicklungspotential.

Das gilt auch für den vom SV Meppen geholten Marco Komenda, der ebenfalls im Abwehrzentrum zu Hause ist und den nächsten Schritt machen will. Sogar die 3. Liga übersprungen hat Ahmet Arslan, der mit 16 Toren und drei Vorlagen großen Anteil an der Regionalliga-Meisterschaft des VfB Lübeck hatte und nun die offensiven Möglichkeiten bei der KSV erweitert.

Der gebürtige Bayer Thomas Dähne (Wisla Plock) will sich derweil nach mehreren Auslandsstationen auch in Deutschland einen Namen machen, muss zunächst aber den Dreikampf im Tor mit Ioannis Gelios und Dominik Reimann für sich entscheiden.

Die aktuelle Form

Mit einem 2:1-Sieg im Nordduell gegen den FC St. Pauli hat Holstein Kiel das erste Testspiel erfolgreich bestritten, dann aber schon vom VfL Wolfsburg (0:2) aufgezeigt bekommen, dass noch eine Menge Arbeit vorhanden ist.

Während des Trainingslagers in den Niederlanden offenbarten dann die Niederlagen gegen ein B-Team von Ajax Amsterdam (2:5) und gegen Twente Enschede (2:3) vor allem defensiv große Probleme, die aber auch nicht von ungefähr kommen.

Denn zu der ergebnistechnisch nicht optimal verlaufenen Vorbereitung trugen sicherlich auch die Ausfälle von Jannik Dehm und Stefan Thesker, die sich jeweils einen Mittelhandbruch zuzogen und auch den Start zu verpassen drohen, ihren Teil bei. Bei der Generalprobe am Samstag gegen Hansa Rostock werden der Rechts- und der Innenverteidiger jedenfalls noch nicht dabei sein.

Stärken & Schwächen

Die Anzahl der Kieler Treffer seit dem Aufstieg 2017 hat sich zwar von 71 über 60 auf nur noch 53 in der vergangenen Saison verringert, aber dennoch stellten die Störche damit die fünftbeste Offensive der Liga. Obwohl mit Iyoha (neun Tore) und Özcan (fünf Tore, sieben Vorlagen) zwei der besten Scorer den Verein verlassen haben, scheinen die Störche im Spiel nach vorne weiter gut aufgestellt. Nicht zuletzt deshalb, weil Torjäger Janni Serra nach längerer Verletzungspause wieder mit dabei ist und mit seiner Präsenz die Qualität im Sturmzentrum erhöht.

Abzuwarten bliebe indes, wie sich diesbezüglich ein nach wie vor nicht auszuschließender Abgang von Jae-Sung Lee, dem herausragenden Akteure der vergangenen beiden Jahre, auswirken würde.

Steigerungsbedarf hat Holstein Kiel vor allem defensiv, haben doch nur die Teams auf den letzten drei Tabellenplätzen mehr Gegentore zugelassen. Die Voraussetzungen zum Start sind diesbezüglich mit den möglichen verletzungsbedingten Ausfällen von Dehm und Thesker sowie der Rotsperre von Phil Neumann indes erst einmal nicht die besten. Auch die Testspiele lassen Zweifel daran aufkommen, dass die Kieler Hintermannschaft zum Bollwerk wird.

Luft nach oben haben die Störche auch im eigenen Stadion, wo nur 21 von 51 möglichen Punkten eingefahren wurden. In der Fremde fuhr die KSV hingegen 22 Zähler ein, die in der Auswärtstabelle sogar zum dritten Platz reichten.

Ole Werner

Seit September 2019 auf der Kieler Kommandobrücke: Ole Werner. © imago images / pmk

Der Trainer

Die erste Saison als Cheftrainer im Profifußball stellte Ole Werner vor große Herausforderungen. Im September 2019 als Nachfolger von André Schubert zunächst als Interimscoach installiert, dann aber schon nach wenigen Wochen zur Dauerlösung ernannt, absolvierte der 32-Jährige gleichzeitig seine Ausbildung zum Fußball-Lehrer, die coronabedingt erst mit einigen Monaten Verspätung im Sommer 2020 abgeschlossen werden konnte.

Der vor den Toren Kiels in Preetz geborene Werner musste bereits mit 21 Jahren seine aktive Karriere aufgrund von Hüftproblemen beenden, sattelte aber schnell um und machte sich rasch als Nachwuchstrainer bzw. bei der zweiten Mannschaft der Störche einen Namen. Die Beförderung zu den Profis war für viele Beobachter nur noch eine Frage der Zeit.

Oben angekommen setzt Werner ähnlich wie seine Vor-Vorgänger Markus Anfang und Tim Walter auf attraktiven Offensivfußball, freilich auch mit einem mit Blick auf die 56 Gegentore der Vorsaison noch intensiv zu bearbeitenden Schwerpunkt hinsichtlich der richtigen Balance zwischen Angriff und Verteidigung.

Die mögliche Startelf

Fazit & Prognose

Holstein Kiel besitzt auch vorbehaltlich nicht auszuschließender Abgänge von Leistungsträgern wie Lee eine Mannschaft, die über die Qualität verfügt, in der 2. Bundesliga eine ordentliche Rolle zu spielen. Vom Abstiegskampf sollten sich die Störche auf jeden Fall erneut fernhalten können. Gleichzeitig glauben wir aber auch nicht, dass Kiel vorne mitmischen kann. Das gesicherte Mittelfeld um Rang zehn scheint realistisch.

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